Kostenpflichte Angebote zum Streamen von Videos sind gefragt. Davon profitieren derzeit vor allem Netflix und Amazon Prime Video, die auf ihre Weise jeweils Marktführer in Deutschland sind. Wie stark deren Stellung tatsächlich ist, wird durch den Start neuer Konkurrenzangebote in nächster Zeit auf die Probe gestellt.
Das Beratungsunternehmen Goldmedia hat frische Zahlen zum deutschen Abo-Streamingmarkt veröffentlicht. Nach zahlenden Kunden liegt Amazon Prime Video mit 46,9 Prozent Marktanteil klar vor dem zweitplatzierten Netflix mit 35,7 Prozent. Alle weiteren Dienste dieser Art liegen weit abgeschlagen im einstelligen Prozentbereich: Sky Ticket (ohne Sport) hat mit einem Marktanteil von 5,9 Prozent nur einen hauchdünnen Vorsprung gegenüber maxdome mit 5,6 Prozent. Sonstige kostenpflichtige Streaming-Abo-Anbieter erreichen gemeinsam lediglich 5,9 Prozent.
Netflix bei Nutzung vorn
Nimmt man hingegen die Zahl der täglichen User zum Maßstab, ist Netflix die klare Nummer 1 auf dem deutschen Markt: Mit 58,6 Prozent ist der Marktanteil von Netflix sehr viel höher als der von Amazon Prime Video mit 36,0 Prozent. Für die restlichen Abo-Streaming-Dienste sieht es hinsichtlich täglicher Nutzung noch viel schlechter aus als bezüglich der Abonnentenzahlen: Sky Ticket (ohne Sport) kommt nur auf 2,2 Prozent, maxdome auf 1,8 Prozent und alle anderen zusammen auf 1,4 Prozent.
Die Diskrepanz zwischen Kundenzahlen und Nutzungsintensität lässt sich zumindest zum Teil mit Daten vom Password-Sharing erklären: Ein Netflix-Passwort wird von durchschnittlich 3,02 Personen verwendet, ein Passwort für Amazon Prime Video von 2,10 Personen und ein Passwort für maxdome von 1,5 Personen.
Hier ist zu beachten, dass die Dienste unterschiedlich großzügig hinsichtlich der gemeinsamen Nutzung eines Abonnements sind, also eine unterschiedliche Anzahl von Usern erlauben (sowie eine unterschiedliche Anzahl gleichzeitiger Streams). Davon abgesehen: Während man bei einem Netflix-Zugang keinen großen Schaden anrichten kann, wird man es sich zweimal überlegen, wem man sein Passwort gibt, mit dem sich auch bei Amazon alles mögliche kaufen lässt.
Zudem sagt die Nutzungshäufigkeit nur bedingt etwas über die Kundenbindung aus, also wie wichtig jemandem ein bestimmter Streamingdienst ist. Ein Großteil der Inhalte ist zwar bei verschiedenen Anbietern verfügbar, doch der Trend zu mehr Exklusivität durch Eigenproduktionen (bzw. exklusive Auftragsproduktionen und exklusive Lizenzen) sorgt dafür, dass eine Abokündigung immer öfter mit dem dauerhaften Verzicht auf bestimmte Inhalte einhergeht. Wenn die Lieblingsserie nur bei Anbieter X zu sehen ist, läuft es im Extremfall darauf hinaus, dass Anbieter X nur zum Angucken dieser einen Serie weiterhin abonniert bleibt.
Neue Anbieter verschärfen den Wettbewerb
Neue Anbieter im Videostreaming-Bereich sind zwar auch in den letzten Jahren seit dem Deutschland-Start von Netflix und Amazon Prime Video hinzugekommen. Zuletzt haben RTL und ProSiebenSat.1 mit TVNOW bzw. joyn ihre Angebote gestraft und frisch renoviert neu aufgestellt. Deren Inhalte sind – von Ausnahmen abgesehen – meist weniger neu und auch nicht so umfangreich, wobei sie allerdings beide mit ihren fürs Fernsehen produzierten eigenen Inhalten eigene Schwerpunkte setzen und sich inhaltlich damit von Amazon Prime Video und Netflix unterscheiden.
Der gestern erfolgte Deutschlandstart von Apple TV+ markiert nun jedoch den Auftakt zu einem sehr viel intensiveren Wettbewerb mit neuen finanzkräftigen Konkurrenten. Das in den USA am 12. November startende Disney+ kommt zwar erst nächstes Jahr nach Deutschland, ist aber anders als Apple bereits ein Gigant in puncto Content-Menge. Ob die Medienkonzerne Warner und NBC mit HBO Max bzw. Peacock auch einmal auf den deutschen Markt kommen werden, lässt sich jetzt zwar schwer voraussagen. In jedem Fall werden diese Dienste den Wettbewerb um attraktive Inhalte deutlich verschärfen und den Trend zu exklusiven Inhalten verstärken, was unweigerlich deutliche Auswirkungen auch auf den deutschen Markt haben wird.
Als großer Serienfan freue ich mich über den Trend zu mehr Eigenproduktionen, weil damit nicht nur das Angebot wächst. sondern auch der Druck, besonders attraktive und eigenständige Inhalte zu produzieren, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Das ist gut für den Konsumenten, der bereit ist, sich sein Streaming-Vergnügen etwas mehr kosten zu lassen, aber schlecht für denjenigen, der nicht wenigstens ein halbes Dutzend verschiedener Dienste abonnieren will oder kann.
Was erwartet Ihr Euch von den neuen Anbietern?