Im Privatbereich breitet sich Social Media viel schneller aus als im beruflichen Umfeld. Unternehmen sind bei der Nutzung von Web 2.0-Technologien wie Blogs und Social Networks noch sehr zurückhaltend. Das legen gleich zwei verschiedene Umfragen nahe, die eine präsentiert die für ihren Virenschutz bekannte Firma Avira, die andere das PR-Netzwerk Eurocom Worldwide.
Die Daten von Avira beziehen sich auf die Web 2.0-Nutzung in Deutschland. Privat würden Dienste wie Facebook und Twitter intensiv genutzt. Sogar diejenigen Internetnutzer, die von Social Networks eine eher schlechte Meinung haben, würden sich früher oder später bei wenigstens einem Dienst anmelden, um sich nicht zu isolieren. Das Internet und dabei gerade auch die Sozialen Netzwerken hätten für die Kommunikation der Menschen eine große Bedeutung erlangt. Das deckt sich mit den in der vorigen Woche vom BITKOM gemeldeten Zahlen, wonach das Netz die Menschen immer stärker miteinander verbindet.
Von den 1.837 Umfrageteilnehmern auf free-av.com klickte fast jeder Fünfte (18 %) unter mehreren zur Verfügung stehenden Antworten auf „Bei uns ist es gerade einmal soweit, dass jeder E-Mail-Zugang hat –Social Networking-Tools liegen noch in ferner Zukunft“, zehn Prozent gaben an, ein ganz kleiner Teil der Beschäftigten würden solche Techniken beruflich nutzen, für zwölf Prozent ergeben Social Networking Tools beruflich gar keinen Sinn.
Einen Überblick über alle Antwortmöglichkeiten mit den genauen Ergebnissen gibt Avira leider nicht. Genaueres erfährt man aus einer von Schwartz Public Relations verbreiteten Umfrage des PR-Netzwerks Eurocom Worldwide unter 335 Führungskräften aus dem Technologiesektor zum Stellenwert des Bloggens in der Kommunikation ihres jeweiligen Unternehmens.
Immerhin werden Blogger als Meinungsgeber und Publikum als zunehmend relevant angesehen. Vor dem Betreiben eines Firmenblogs scheuen viele aber zurück. Nur ein Drittel der befragten Unternehmen betreibt ein Corporate Blog. Als Hauptgrund wurde ein zu hoher Zeitaufwand angeführt, mehr als ein Drittel wählte diese Begründung für das Fehlen eines Blogs.
Kaum weniger (32,9 % gegenüber 35,5 %) sehen in einem Unternehmensblog keinen ausreichenden Wert, 20 % hatten über einen Firmenblog noch gar nicht nachgedacht; nur 11,6 % fürchten negative Reaktionen. Eurocom Worldwide vermutet angesichts dieser Werte einen Beratungsbedarf: „Wir registrieren bei vielen Firmen eine große Verunsicherung in Bezug auf Themen wie Web 2.0 und Social Media“, kommentiert Christoph Schwartz, Inhaber von Schwartz Public Relations und DACH-Partner von Eurocom Worldwide die Umfrageergebnisse. „Viele vermuten zwar, dass sich hier ungeahnte Potenziale auftun, aber die meisten Unternehmen wissen nicht, wie sie mit diesen neuen Medien umgehen sollen oder fürchten zuviel Transparenz. Da kommt uns Agenturen eine zentrale Beratungsaufgabe zu.“
Mehr als die Hälfte der Führungskräfte, in deren Firmen bereits offiziell gebloggt wird, gab als Grund für die Einrichtung eines Corporate Blogs an, die Interaktion mit den Kunden intensivieren zu wollen. Für fast jede vierte Firma (23 %) liegt die Motivation darin, branchenrelevante Themen diskutieren zu können, 14 % wollen damit in erster Linie das Firmenprofil stärken, bei 11 % besteht der Hauptzweck des Blogs darin, der Suchmaschinenoptimierung zu dienen.
Leider geht aus den veröffentlichten Ergebnissen nicht hervor, ob man sich zugunsten anderer Web 2.0 Tools gegen einen Firmenblog entschieden hat. Wie Josh Bernoff und Charlene in ihrem Buch „Facebook, YouTube, Xing & Co.“ überzeugend darlegen, sollten Unternehmen ihren Schritt ins Web 2.0 auf Basis einer Zielgruppenanalyse planen. Statt eines Blogs könnte eine eigene Community oder die Kommunikation über eine eigene Facebook-Seite für die spezifische Situation eines Unternehmens die beste Lösung darstellen.
Allerdings dürften Firmen, die sogar die Einrichtung eines Blogs für zu zeitaufwändig oder zu teuer erachten bzw. noch nicht einmal über die Einrichtung eines Blogs nachgedacht haben, kaum komplexere und aufwändigere Services nutzen.
Obwohl ein Corporate Blog nicht für alle Firmen die Ideallösung darstellt, dürfte es kaum eine Art von Unternehmen geben, für das ein Firmenblog tatsächlich ungeeignet wäre. Ob internationaler Konzern oder Freiberufler, Blogs eignen sich grundsätzlich für jede Unternehmung und können schon mit minimalen Kosten betrieben werden. Insofern entspricht die nicht uneingennützige Erklärung der PR-Agentur, dass die geringe Neigung, einen Firmenblog zu führen, fehlende Informtionen seien, wohl der Realität.
Wie sieht es dort aus, wo Ihr arbeitet? Gibt es ein offizielles Blog, werden andere Arten von Social Media genutzt? Nutzt Ihr Blogs für eigene Projekte?
April 18th, 2009 at 19:19
Ich arbeite in einer Online-Agentur, die sich ua. auf die Bereiche Web 2.0 + Social Commerce spezialisiert hat.
Ich kann aus meiner Erfahrung bei Kunden diesen Bericht vollständig zustimmen. Viele Unternehmen kennen die Schlagwörter „Blog, Wiki, usw.“ schon, haben aber zu wenig Zeit sich damit auseinander zusetzen bzw. die Mitarbeiter im (Online-)Marketing-Bereich haben leider oft sehr wenig Ahnung von der Materie und erkennen das Potenzial der eigenen Firma im Web 2.0 nicht. Sehr schade!
Grüße
Marcel