Nie war der Zugang zu Wissen und Bildung für alle Bürger so einfach wie heute. Von Online-Vorlesungen und Webinaren über Online-Kurse und YouTube-Tutorials bis zu Lernapps für das Smartphone steht ein überwältigend großes Angebot Tag und Nacht bereit. Der größte Teil davon ist kostenlos oder zumindest zu überschaubaren Kosten zugänglich.
Zahlen aus einer zu Wochenbeginn veröffentlichten Bitkom-Untersuchung offenbarten jedoch, dass nur 45 Prozent der Bundesbürger digitale Lernformate ausprobiert hat, um sich privat weiterzubilden. Zugegeben, ein gewisser Teil der Bevölkerung – vor allem Schüler, Auszubildende, Studenten etc. – verwendet bereits viel Zeit damit, sich zu bilden und passt nicht so richtig in diese Statistik.
Die Hürde hängt sehr tief
Andererseits hatte der Bitkom mit seiner Fragestellung „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sein Wissen und seine Kompetenzen auszubauen. Bitte sagen Sie mir, ob Sie die folgenden Lernformate bereits zur privaten Weiterbildung genutzt haben, in den kommenden 12 Monaten planen zu nutzen oder sich zumindest schon einmal darüber informiert haben“ die Latte alles andere als hoch angelegt. Um zu den 45 Prozent zu gehören, musste man also gar nicht gelernt, sondern sich nur über Angebote informiert haben. Das ist in etwa so, als ob man diejenigen, die sich über Methoden, wie man mit dem Rauchen aufhören kann, informiert haben, bereits zu den Nichtrauchern rechnen würde. Die Zahl derjenigen, die sich in Eigeninitiative derzeit aktiv weiterbilden, dürfte also weit unter der 45-Prozent-Marke liegen.
Von denen, welche tatsächlich privat im Netz etwas für ihre Bildung getan haben, nutzte lediglich jeder fünfte (20 Prozent) ein kostenpflichtiges Angebot. Wenn man bedenkt, wie billig viele populäre Angebote sind, wirkt dieser Betrag besonders klein. Bei interaktiven Sprachkursen mit Smartphone-Apps sind Preise um die 10 Euro/Monat für einen Vollzugriff nicht unüblich. Videokurse auf Plattformen wie video2brain und udemy sind ebenfalls für kleines Geld erhältlich.
Am ehesten zahlungsbereit (77 Prozent) sind die User von Blended-Lerning-Angeboten. Von den Nutzern von Lern-Apps für mobile Endgeräte (75 Prozent) und interaktiven E-Books (64 Prozent) gibt ebenfalls eine deutliche Mehrheit Geld für die private Weiterbildung im Netz aus. Ganz anders sieht bei den Verwendern von PC-Lernprogrammen/-spielen sowie sonstigen Onlinekursen mit 22 Prozent bzw. 15 Prozent aus.
Als größten Vorteil (87 Prozent Zustimmung) digitaler Lernangebote sehen die User die Möglichkeit, jederzeit und an jedem Ort lernen zu können. Ein Mehrheit von 59 Prozent ist der Meinung, mit den digitalen Formaten schneller und zielgerichteter ihre Bildungsziele erreichen zu können. Mit 43 Prozent ebenfalls groß ist die Gruppe derjenigen, welche der Ansicht sind, dass digitales Lernen mehr Spaß macht.
Zu jeder Zeit und an jedem Ort lernen
„Digitale Angebote sind viel leichter in den Alltag zu integrieren und steigern Motivation und Lernerfolg. Nie war es einfacher, unabhängig von Zeit und Ort zu lernen – etwa auf Bahnfahrten, im Wartezimmer oder in der Mittagspause“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Zudem können die Inhalte besser und zielgerichteter vermittelt werden. Neue Technologien wie das sogenannte adaptive Learning passen das Lernangebot genau an den individuellen Wissensstand und Lernfortschritt des Nutzers an.“
Der oben angeführte niedrige Wert von 45 Prozent relativiert sich ein Stück weit, wenn man nicht-digitale Angebote mit in die Betrachtung einbezieht: Insgesamt nutzen 76 Prozent der Menschen in Deutschland private Weiterbildungsangebote. Berg: „Eine gute Qualifikation und die Bereitschaft zu einer stetigen Weiterqualifizierung sichern langfristig Chancen auf dem Arbeitsmarkt und ermöglichen Teilhabe in der digitalen Welt. Dieses Potenzial müssen wir heben, indem Politik und Wirtschaft bessere Voraussetzungen für lebenslanges und informelles Lernen schaffen.“
So formuliert kann dieser Aussage wohl jeder zustimmen. Dennoch finde ich es besorgniserregend, dass die Mehrheit der Deutschen sich noch nicht einmal über irgendeine Form privater Weiterbildung im Netz informiert (!) hat. Die Zukunft ist schließlich digital. Wie seht Ihr das, welche Rolle spielen Bildungsangebote im Internet für Euch?