In Deutschland ist man stolz auf die strengen Datenschutzvorgaben. Zum Teil zu Recht, aber angesichts der Flut an komplizierten Informationstexten stimmen die allermeisten Onliner den Datenschutzerklärungen zu, ohne sie zu lesen.
Im Vorfeld der internationalen Privacy Conference des BITKOM, die am 24. September in Berlin stattfindet, hat der Verband eine repräsentative Umfrage zu Datenschutzthemen durchführen lassen. Demnach stimmen 79 Prozent der Internetuser in Deutschland den Erklärungen zu, ohne sie ausreichend verstanden zu haben.
Anbietern von Onlinediensten legt der Gesetzgeber in Deutschland eine Menge Pflichten auf. Dazu gehört, die User in einer Datenschutzerklärung zu informieren und eine Einwilligung über die Erfassung und Verarbeitung persönlicher Daten einzuholen.
Lieber nicht lesen
90 Prozent der Nutzer halten die Datenschutzerklärungen jedoch für unverständlich, 86 Prozent für zu lang. Eine Mehrheit von immerhin 56 Prozent kritisiert, dass aus ihrer Sicht überflüssige Informationen in den Texten stünden. Das gilt für alle Altersgruppen.
„Die meisten Nutzer von Online-Diensten sind mit den langen und unverständlichen Datenschutzerklärungen überfordert“, sagt Susanne Dehmel, Bitkom-Geschäftsleiterin Vertrauen und Sicherheit. „Allerdings sind die Anbieter daran allenfalls zum Teil schuld. Grund für die Art und den Umfang der Texte sind vor allem rechtliche Vorgaben.“ Der Verband schlägt vor, durch veränderte gesetzliche Vorgaben übersichtliche und knappe Datenschutzerklärungen zu ermöglichen und etwa auf ausufernde Vorgaben zu Menge und Form der anzuzeigenden Informationen zu verzichten.
Lesbarkeit auf kleinen Bildschirmen
Zu berücksichtigen sei außerdem die heute übliche Nutzung auf Smartphones mit im Vergleich zu Computermonitoren sehr kleinen Displays. Wer schon mal versucht hat, eine typische Datenschutzerklärung vollständig auf dem Handybildschirm zu lesen, wird nachvollziehen können, warum dieser Punkt vom Verband extra betont wird.
Ohne Frage, angesichts der zahlreichen Vorgaben erreichen die Informationen zum Datenschutz in vielen Fällen eine Länge, die nicht nur abschreckend wirkt, sondern auch ein „Zeitproblem“ verursacht. Bei jeder besuchten Website, jeder installierten App und bei weiteren Gelegenheiten in Ruhe die Datenschutzerklärungen so zu lesen, dass man am Ende weiß, womit man sich einverstanden erklärt – so viel Zeit hat doch niemand!
Fairerweise sollte bei diesem Thema berücksichtigt werden, dass viele Menschen so lange Texte selbst dann nicht lesen, wenn sie das betreffende Thema interessiert und sie nicht so komplizierte Formulierungen enthalten.
Folgen lassen sich kaum abschätzen
Gut verständliche Formulierungen sind immer zu begrüßen, doch das Thema Datenschutz ist nicht nur kompliziert, weil dabei Juristen am Werk sind. Das Thema ist auch deshalb kompliziert, weil die damit in Zusammenhang stehenden technischen Prozesse komplex sind. Und was die Auswirkungen für die Zukunft angeht, können selbst Experten vieles nur ansatzweise sinnvoll beurteilen, Stichwort Neuland. Darauf kommt es doch letztlich an: Was bedeutet das für mich? Diese Frage müsste man sich nach einem Studium einer Datenschutzerklärung beantworten können. Aber so richtig weiß das niemand. (Das ist auch bei Postings auf Social Media-Plattformen das ganz große Problem.)
Sicher, es geht auch um Handfestes, nicht alles ist kompliziert und viele mögliche Auswirkungen sind bereits bekannt. Deshalb ist der Grundgedanke einer Informationspflicht nicht verkehrt. Ohne eine radikale Beschränkung auf das Wesentliche führen die an allen Stellen auftauchenden Datenschutzhinweise jedoch sogar dazu, dass die Nutzer immer allem zustimmen, ohne es sich anzusehen – weil der Tag nur 24 Stunden hat.
Wann habt Ihr das letzte Mal eine Datenschutzerklärung – zumindest das Meiste davon – gelesen?