Nahezu vier Stunden am Tag nutzen Deutschlands Onliner das Internet allein in den Zeiten, die sie zu Hause verbringen. Parallelnutzung ist inzwischen Standard.
Laut einer repräsentativen Umfrage, an der 1.000 Internetnutzer im Alter zwischen 16 und 70 Jahren teilgenommen haben, verbringen deutsche Onliner daheim täglich 3 Stunden und 40 Minuten im Internet. Das Meinungsforschungsinstitut Ipsos hatte die Befragung online zwischen dem 4. und 11. März 2015 im Auftrag von Kabel Deutschland durchgeführt.
Wie zu erwarten zeigten sich zwischen verschiedenen Altersgruppen Unterschiede in der Nutzungsdauer, wenngleich die Abstände nicht extrem groß sind. Mit viereinhalb Stunden pro Tag verbringen die 16- bis 29-Jährigen Teilnehmer die meiste Zeit online. Die Teilnehmer im Alter zwischen 50 und 70 Jahren bringen es auf immerhin drei Stunden und zehn Minuten. Die Lücke zwischen den Generationen ist damit gar nicht so groß.
Leider wurden nur Personen bis 70 Jahre befragt, ältere nicht. Insofern ist die Formulierung „Deutsche sind zuhause fast vier Stunden online“ bereits ziemlich übertrieben. Das gilt umso mehr, als in den höheren Altersgruppe viele Menschen nach wie vor gar nicht das Internet nutzen. „Bei der durchschnittlichen Internetnutzung der deutschen User gibt es auch regionale Unterschiede: am längsten sind zum Beispiel die Baden-Württemberger, Hamburger und Sachsen zuhause online, eher kürzer die Bayern, Hessen und Saarländer“, führt Kabel Deutschland in seiner Pressemitteilung an.
Parallelnutzung als Normalfall
Untersucht wurde neben der Nutzungsdauer die Parallelnutzung. Vor wenigen Jahren war man zu Hause nur mit seinem Computer im Internet. Eventuell gab es mehrere Computer in einem Haushalt, doch das war es dann! Im Jahr 2015 gehören in zahlreichen Haushalten weitere internetfähige Geräte zur Ausstattung. Von Spielkonsolen über moderne Musikanlagen, von Fernsehern zu Set-Top-Boxen und Blu-ray-Playern, Heimkinoanlagen, TV-Receivern bis hin zu ersten Haushaltsgeräten benötigen immer mehr Endgeräte eine Anbindung ans Internet. Keinesfalls vergessen werden dürfen Smartphones und Tablets, die zu Hause in der Regel nicht über eine mobile Datenverbindung, sondern den Festnetzanschluss online sind. Smartwatches, Fitnessarmbänder und weitere tragbare Geräte sind in manchen Haushalten ebenfalls bereits vorhanden.
Laut Umfrage verbinden 67 Prozent der Teilnehmer ihr Smartphone via WLAN mit ihrem Festnetzanschluss. Bei den 16- bis 29-jährigen sind es 80 Prozent, bei den 50- bis 70-jährigen 53 Prozent. Im Durchschnitt würden „mehr als drei Geräte parallel im heimischen WLAN“ genutzt. Für Kabel Deutschland als Internetprovider ist das ein wichtiges Argument, für schnellere Internetanschlüsse zu werben. Die Bandbreite eines Anschlusses wird bei Parallelnutzung schließlich aufgeteilt, sodass der Internetzugang zu bestimmten Zeiten besonders viel leisten muss.
Es kommt auf die erforderliche Bandbreite an
Wenn es typischerweise jedoch bloß drei Geräte gleichzeitig sind, ist das nicht gerade ein Verkaufsargument für Anschlüsse mit 100 oder 200 MBit/s, die es beim Kabelnetzbetreiber gibt. Schließlich wird für die meisten Zwecke keine hohe Bandbreite benötigt. Auf dem Tablet Nachrichten zu lesen, am Desktop-PC eine E-Mail zu schreiben, auf dem Smartphone mittels eines Instant Messaging Services zu chatten, am Notebook in einem Onlineshop zu bestellen oder Tweets auf der Uhr zu empfangen – all so etwas ist ohne schnelle Verbindungen möglich. Nur für wenige Aufgaben muss der Internetzugang richtig schnell sein.
Mich stört zudem, dass hier nur von WLAN die Rede ist. Geräte, bei denen besonders datenintensive Anwendungen genutzt werden, sollten schließlich lieber über ein Netzwerkkabel mit dem heimischen Router verbunden sein. Insbesondere für Videostreaming ist das zu empfehlen, weil es ganz und gar nicht egal ist, ob die Daten etwas später fließen.
Wann ist man im Internet?
Ein weiterer Kritikpunkt: Was heißt es schon, online zu sein? Beispiel: Wenn mein IPTV-Receiver TV-Sendungen für später aufzeichnet, nutze ich dann gerade das Internet? Für die Parallelnutzung hat das auf jeden Fall eine Bedeutung, denn bei HDTV über IPTV fallen große Datenmengen an. Und bin ich dann sogar zu Hause online, wenn ich gar nicht zu Hause bin? Wenn ich zwei Sendungen gleichzeitig aufnehme, zählt das dann doppelt? Oder wird die Zeit der Aufzeichnung für die zweite Sendung nur gezählt, wenn ich sie zu einem Wiederholungstermin aufnehmen?
Das nächste Problem: Rechnet man IPTV der Internetnutzung zu, würde stundenlanges Fernsehen der Internetnutzung angerechnet. Also wäre die Dauer der Internetnutzung ganz entscheidend davon abhängig, auf welchem Weg man seinen Fernsehprogramme empfängt. IPTV herauszurechnen wäre aber ebenfalls nicht sinnvoll. Dann müsste man die Zeit, die jemand am Computer sitzend in einer TV-Mediathek verbringt, ebenfalls herausrechnen. Und wenn ein TV-Sender seine Inhalte auf YouTube veröffentlicht, müsste man das Angucken von YouTube-Video ebenfalls abziehen.
Was ist eigentlich mit dem Radiohören? Wenn jemand stundenlang über seine moderne Musikanlage nebenher einen Livestream im Internet hört, nutzt er doch das Internet. Oder nicht? Noch ein Problem: Wenn jemand aus einer Onlinevideothek mit Offline-Modus innerhalb von wenigen Minuten einen Film auf sein Tablet herunterlädt, nutzt er das Internet viel kürzer als jemand, der denselben Film auf sein Tablet streamt.