Spezielle Lesegeräte für elektronische Bücher könnten bald wieder vom Markt verschwinden, spekuliert Analyst Jordan Selburn von IHS iSuppli. Die Verkaufszahlen für E-Book-Reader brechen ein, weil die Verbraucher zu den vielseitigeren Tablets greifen.
In manchen Ländern, vor allem in den USA, erlebten E-Book-Lesegeräte in den vergangenen Jahren einen Boom. 2008 wurden weltweit erst 1 Million E-Book-Reader verkauft, im Jahr 2010 waren es bereits 10,1 Millionen. Für 2012 prognostiziert IHS iSuppli zwar immerhin 14,9 Millionen ausgelieferte E-Book-Reader, aber im Vergleich zu den 23,2 Millionen im vorigen Jahr bedeutet das einen starken Nachfrageeinbruch um 36 Prozent. Für 2013 erwartet das Unternehmen einen weiteren Rückgang um dann 27 Prozent auf 10,9 Millionen Geräte. Im Jahr 2016 sollen es sogar bloß noch 7,1 Millionen neue E-Book-Reader werden. Aber gut, bis 2016 kann noch sehr viel passieren – vielleicht stehen dann sogar schon die Tablet-Computer vor dem Aus, weil sich bis dahin vernetze Datenbrillen wie Google Glass als attraktivere Alternative erwiesen haben.
Geräte mit nur einer Funktion haben es schwer
Bei IHS iSuppli sieht man den entscheidenden Grund für die rückläufige Nachfrage bei E-Book-Readern in einer grundsätzlichen Präferenz der Konsumenten für Geräte, die mehr als nur eine Aufgabe übernehmen können. Wie bei digitalen Fotoapparaten, Navis und MP3-Playern, die seit dem Smartphone-Boom deutlich weniger Abnehmer finden, leiden spezielle Geräte zum Lesen elektronischer Bücher unter der Konkurrenz durch die vielseitig einsetzbaren Tablet-Computer, die ebenfalls zum Lesen von E-Books geeignet sind – wenngleich längst nicht so gut wie hochwertige E-Book-Reader. (Inzwischen gibt es sogar welche mit beleuchteten Displays.)
Angesichts des sehr starken Interesses der Verbraucher an Media-Tablets ist es kaum zu glauben, dass Apple das erste iPad im Jahr 2010 präsentierte – und jetzt haben wir erst 2012. Bei IHS iSuppli geht man für 2012 von 120 Millionen weltweit ausgelieferten Tablets aus, für 2016 werden 340 Millionen erwartet.
Low-Cost-Geräte erwartet
Um die den Markt für E-Book-Reader zu beleben, werden die Anbieter ihre Preise wohl weiter senken. Sogar Abgabepreise unterhalb der Herstellungskosten sind zum Teil zu erwarten. In Branchenkreisen wird erwartet, das der „Txtr Beagle“ schon für 13 Dollar zu haben sein wird, was nicht einmal die Kosten für den Bildschirm des Geräts decken würde. Ein Verkauf der Hardware zum Niedrigpreis kann sich in Fällen lohnen, in denen der Anbieter des Lesegeräts auch die Inhalte verkauft.
Ein gutes Beispiel dafür ist Amazon, dessen Kindle-Reader zwar nicht zum absoluten Low-Cost-Preis, aber doch sehr günstig (wenn man die hohe technische Qualität berücksichtigt) verkauft werden. Da Amazon die Kindle-Käufer an seinen eigenen E-Book-Shop bindet, muss das Unternehmen auch nicht fürchten, dass bei ihm nur die Hardware billig gekauft wird, sich die Leser aber bei der Konkurrenz mit E-Books eindecken.
Chance für Zeitungsbranche?
In Deutschland ist inzwischen zu beobachten, wie Tageszeitungen digitale Abos in Verbindung mit E-Book-Readern und Tablets verkaufen. Das halte ich für sehr sinnvoll, weil so nicht nur eine Gewöhnung an das Bezahlen einer nicht auf Papier gedruckten Zeitung möglich wird. Gehört der E-Book-Reader oder das Media-Tablet mit zum Abo-Preis (womit sich das Abo insgesamt natürlich verteuert – aber gar nicht mal so sehr!), können die Leser ihr digitales Abo auch richtig nutzen. Nicht zuletzt bekommen die zahlenden Leser auf diese Weise etwas in die Hand, das sollte man nicht unterschätzen!
Was glaubt Ihr: Wird die Nachfrage nach E-Book-Readern wieder steigen, oder spielt diese Gerätekategorie aufgrund der starken Konkurrenz durch immer günstigere Tablets bald keine Rolle mehr?