Ich weiß noch ganz genau, wie ich das erste Mal an einem richtigen Computer (kein C64, sondern ein „großer“ PC) saß und unmittelbar überfordert war. Dies war in einem Computerkurs, der im Rahmen einer Projektwoche an der Schule angeboten wurde. Damals lernten wir ein wenig mit MS-DOS umzugehen. Konkret galt es Ordner zu erstellen und Dateien zu kopieren. Allerdings bin ich damals nicht so richtig durchgestiegen. Es war alles ein wenig zu kompliziert – der einzige, der wirklich Ahnung hatte, war unser Lehrer.
Viele Jahre später erkannten die Kultusministerien, dass der Umgang mit dem Computer immens wichtig ist und deshalb im Schulunterricht vermittelt werden sollte. Gegen Ende meiner sehr langen Schulzeit wurde entsprechender Unterricht auch an unserer Schule angeboten. Gelernt haben wir allerdings nicht viel. Meine Freunde und ich kannten uns am PC bereits besser als der Lehrer aus, lediglich ein paar vereinzelte Mitschüler konnten noch etwas lernen.
Mittlerweile ist die Situation an den Schulen eine andere. Lobenswert ist die wesentlich stärkere Integration des Computers in den Schulunterricht. Allerdings kommt es immer seltener vor, dass die Schüler noch etwas von ihren Lehrern lernen können – zumindest wenn es um die Nutzung von Computern geht. Bei Word und Excel mögen einige Schüler zwar schwächeln, doch bei Internet und Co haben sie längst die Nase vorn.
Im Grunde herrscht dieses Bild schon seit vielen Jahren an den Schulen vor: Der Computerunterricht wird von den meisten Schülern gerne besucht, weil er spielend einfach ist und sie kaum fordert. Lediglich die Lehrkräfte, die für die Wartung der Computer zuständig sind, haben es nicht leicht. Vor allem ältere Schüler lassen sich die unmöglichsten Dinge einzufallen, um die Computer im Unterricht anderweitig zu nutzen oder sie gar zu sabotieren.
Doch nicht nur bei der Nutzung von Computern haben die Schüler immer häufiger die Nase vorn. Bei den neuen Medien ist die Situation noch viel extremer. So mancher Lehrer mag zwar einigermaßen mit Word oder Excel klar kommen, doch bei Instant Messaging oder Facebook ist ganz schnell Schluss – von Twitter reden wir besser gar nicht.
Hinzu kommt die volle Bandbreite an Medien, die sich auf dem Smartphone nutzen lassen. Hier müssen die meisten Lehrer aussteigen: Nur die wenigsten nutzen Facebook oder WhatsApp und können daher mitreden. Hierbei handelt es sich um eine Erkenntnis, die in den Kultusministerien angekommen ist. Wie am heutigen Tage bei heise zu lesen ist, sollen Lehrer nun gezielt geschult werden.
Prinzipiell finde ich diesen Ansatz sehr sinnvoll. Wer den ganzen Tag über mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, sollte nicht nur mit dem PC umgehen können, sondern auch die neuen Medien beherrschen – und das auch auf dem Tablet und Smartphone. So gesehen halte ich diese Idee für äußerst sinnvoll. Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, hier eine Art Internet- oder Medienführerschein für Lehrer einzuführen, der als verpflichtend gilt. Das werden viele Beamten nicht gerne hören, aber sinnvoll wäre es trotzdem.
Allerdings darf man die Wirkung entsprechender Kurse nicht überschätzen. Von einem befreundeten Lehrer weiß ich, dass viele dieser Schulungen nicht taugen. Er hat als Gastbesucher an einer solchen Lehrer-Schulung teilgenommen und war regelrecht erschrochen. Der Abgesandte vom Kultusministerium stand wohl schon kurz vor der Pensionierung und hatte absolut keine Ahnung. Ursprünglich sollte es im Kurs um Facebook gehen, doch über das Social Network wurde nur nebenbei gesprochen. Der größte Ratschlag des vermeintlichen Experten: Beim Smartphone unbedingt Bluetooth deaktivieren. Na dann gute Nacht!
Juli 6th, 2012 at 17:14
„Die Schule“ will ich zwar nicht in Schutz nehmen, aber für die Situation der Lehrer habe ich durchaus Verständnis. Selbst wenn wir mal kurz außer Acht lassen, dass junge Menschen besonders leicht Neues lernen, ist doch ein extremer Zeitaufwand erforderlich, bis die Schüler die neuen Medien so beherrschen, wie sie es tun.
Das wird nicht als Lernen wahrgenommen, dazu müssen sie nicht gezwungen werden – im Gegenteil ist es doch eher so, dass Computer und Medien viele junge Menschen vom anderen Lernen abhalten. Nichtsdestotrotz investieren viele Schüler enorm viel Zeit in die Nutzung von Computern und ähnlichen Geräten.
Da können Lehrer wohl nur mithalten, wenn sie sich selbst dafür begeistern können. Das kann man nicht einfordern, höchstens fördern, indem Anreize gesetzt werden. Zumindest müssen Lehrer Zeit bekommen, sich mehr als nur ein bisschen mit den genannten Themen zu befassen.