Das Management von Amazon scheint deutlich näher am Puls der Zeit zu leben, als sich viele Leute vorstellen. Schon häufiger wurde dem Unternehmen prophezeit, irgendwann den Anschluss an die großen Internetunternehmen zu verlieren, weil der Handel mit Büchern nicht unbedingt als fortschrittlich gilt. Allerdings ist der Buchhandel nur noch eine von vielen Sparten. Besonders im Handel mit digitalen Inhalten gibt das Unternehmen richtig Gas.
Man denke nur an den Amazon Kindle. Das Unternehmen hat es gewagt, einen eigenen Ebook-Reader zu entwickeln. Damit war man sehr erfolgreich: Der Kindle gilt als das erfolgreichste Gerät seiner Art. Ob sich diese Geräteklasse langfristig auf dem Markt behaupten kann, muss sich zwar erst noch zeigen. Doch im Rahmen der Entwicklung wurde gleich ein zweiter Grundstein gelegt: Amazon ist größter Anbieter von Ebooks.
Das Geschäft mit dem Verkauf digitaler Inhalte wird derzeit stark forciert. Immerhin hat es sich Amazon erlaubt, einen eigenen Appstore zu entwickeln und somit gegen Apple und Google anzutreten – wobei ausschließlich Apps für das Android Betriebssystem angeboten werden. Mit diesem Schritt hatten viele Experten nicht gerechnet, schließlich war die Verbreitung von Apps bisher immer Chefsache und wurde von den Entwicklern der Betriebssysteme vorgenommen.
Ursprünglich war geplant, dass der Amazon Appstore heute an den Start geht. Wie bei Golem zu lesen ist, war er nach deutscher Uhrzeit bereits gestern im Netz zu finden – allerdings ist er nun wieder offline. Eine Stellungnahme von Amazon liegt derzeit noch nicht vor. Womöglich wurde der Store einfach nur zu früh frei geschaltet. Diejenigen, die den Store gesehen haben, scheinen jedoch begeistert zu sein. Amazon soll es geschafft haben, seine Kompetenz in Sachen Onlineverkauf optimal in den Store einzugliedern und somit ein Angebot zu schaffen, das bisher seinesgleichen sucht. Weder die Stores von Apple und Google sollen gleichziehen können.
Die Auswahl an Apps, die über Amazon zu beziehen sind, ist deutlich kleiner als bei Google bemessen. Allerdings können Entwickler bis zu 30 Prozent des Verkaufspreises einheimsen, weshalb mit einem raschen Zulauf zu rechnen ist. Außerdem ist Amazon sehr mutig im Ködern neuer Kunden: Täglich soll eine sonst kostenpflichtige App kostenlos angeboten werden. Die Entwickler werden trotzdem bezahlt, weil Amazon einspringt und für den Differenzbetrag aufkommt. Außerdem gibt es eine Testdauer, die unter dem Namen „Test Drive“ angeboten wird: User haben die Möglichkeit, Apps 30 Minuten lang zu testen – während dieser Testphase ist eine Rückgabe möglich.
Im Hause Apple scheint man über das neue Amazon Angebot alles andere als begeistert zu sein. Laut Golem soll Apple bereits rechtlich gegen Amazon vorgehen und wegen der Namensnähe zum iTunes App Store klagen. Es wäre also denkbar, dass Amazon den Namen seines Angebots noch einmal ändert – wobei anzumerken ist, dass angeblich auch Apple wegen desselben Namens von Microsoft verklagt wird.