Die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien stehen in Kurzform bei shortbooks.de zum kostenlosen Download zur Verfügung. Wie bei diesem auf Zusammenfassungen von Büchern bekannten Dienst gewohnt, stehen nicht nur verschiedene Formate zum Lesen wie PDF zur Wahl, sondern zusätzlich jeweils eine Audiodatei im MP3-Format. Letzteres gibt es nicht an jeder Ecke im Netz.
Wie schon zur Wahl des Bundestages vor vier Jahren lässt sich jeweils auf wenigen Seiten lesen bzw. innerhalb weniger Minuten bequem anhören, wie sich die politischen Parteien inhaltlich positionieren. In der aktuellen Presseinformation heißt es: „Mit den Shortbooks können sich Wähler in aller Kürze und dennoch fundiert und präzise über die zentralen Thesen der Parteien für die Bundestagswahl 2009 informieren, ohne sich durch lange Wahlprogramme zu quälen. Jedes Wahlprogramm-ShortBook liefert einen kurzen geschichtlichen Überblick zur Partei, eine kurze Übersicht über die Programm-Schwerpunkte sowie anschließend detailliert die Ziele. Gemäß dem Firmenmotto ‚Wissen in Rekordzeit‘ sind in den ShortBooks die verschiedenen Wahlprogramme jeweils auf maximal neun Seiten im PDF-Format zusammengefasst und können auch als Palm-Version und Audio-Datei heruntergeladen werden.“
Lobenswert: Man muss sich nicht erst anmelden und seine Daten hinterlassen, um die Kurzformen der Wahlprogramme downloaden zu können. Wer den Service nicht kennt: „Der ShortBooks-Internetservice bespricht monatlich 16 Neuerscheinungen aus den Rubriken Ratgeber / Sachbuch und Belletristik. Mit seinen Rezensionen wendet er sich vor allem an wissbegierige Menschen, die sich gerne informieren und bilden möchten, denen aber oft die Zeit fehlt, umfangreiche Werke zu lesen“, beschreibt sich der Dienst selbst.
Ob man sich bei einem so wichtigen Thema wie Politik allein auf Zusammenfassungen verlassen sollte, ist eine berechtigte Frage. Doch wie bei normalen Büchern kann die Zusammenfassung von ShortBooks auch hier dazu anregen, nach dem Lesen oder Hören der Kurzfassung tiefer ins Thema einzutauchen. In der öffentlichen Diskussion kommen inhaltliche Aussagen sehr kurz.
Aus dem bisher weitgehend inhaltslosen Wahlkampf der großen Parteien dürfte nach den Landtagswahlen vom vorigen Sonntag vermutlich kein Wettstreit von Ideen und Konzepten mehr werden. Derzeit geht es vor allem um mögliche Koalitionen, wobei die Parteien die meisten Optionen bereits ausgeschlossen und sich somit selbst den Bewegungsspielraum genommen haben. Man kann bezweifeln, dass sich ausgerechnet damit die gefürchteten, bereits zum feststehenden Begriff gewordenen „hessischen Verhältnisse“ werden vermeiden lassen.
Nicht zuletzt deshalb ist eine besondere Motivation der Wähler, die auch nur entfernt an den US-Präsidentschaftswahlkampf erinnern würde, nicht zu beobachten, obwohl das Internet von den Parteien in Deutschland dieses Mal relativ stark für Wahlkampfzwecke genutzt wird und sich einige große Websites wie Social Networks anstrengen, die Menschen für Politik zu interessieren. Über bloße Wahlaufrufe gehen Projekte wie die bereits im Mai eröffnete Wahlzentrale der VZ-Gruppe weit hinaus. Von einer Wahlentscheidung im Internet kann in Deutschland jedoch nicht die Rede sein.
Das Internet spielt vor allem als Informationsmedium zu Politik-Themen eine Rolle, bei jungen Menschen ist es dabei sogar das wichtigste Medium noch vor dem Fernsehen. So weit her ist damit allerdings auch nicht, denn noch Mitte August schrieb der stern in einer Pressemitteilung: „Knapp die Hälfte der Wahlberechtigten in Deutschland weiß nach einer Umfrage für das Hamburger Magazin stern nicht, dass Ende September die Bundestagswahl stattfindet. Die Frage ‚Können Sie mir sagen, wann in diesem Jahr die Bundestagswahl stattfindet?‘ konnten 48 Prozent der Befragten nicht oder nur falsch beantworten. Verlangt war dabei nicht das genaue Datum, der 27. September. Als richtig gezählt wurde auch die Antwort ‚in wenigen Wochen‘ oder ‚irgendwann im September‘. Die korrekte Antwort wurde von 52 Prozent der Befragten gegeben.“
Interessant: „Besonders uninformiert waren Schüler und Studenten. Fast drei Viertel von ihnen (72 Prozent) konnten nicht sagen, wann die Wahl ist. Anders die Älteren: 64 Prozent der Rentner hatten die richtige Antwort parat.“ Mit dem Text in ihrem Wahlaufruf-Video trifft die Deutschrap-Gruppe Blumentopf wohl leider ins Schwarze.
Nutzt Ihr spezielle Informationsquellen vor der Bundestagswahl? Oder haltet Ihr Euch schon die ganze Legislaturperiode über derart auf dem Laufenden, dass Ihr sozusagen jederzeit eine gute Wahl treffen könntet?