Videostreaming hat viele Gesichter: Von aufwendigen Hollywoodfilmen bis zu Reels werden Videoinhalte in sehr unterschiedlichen Formaten und zu jedem erdenklichen Thema auf zahlreichen Plattformen auf Abruf konsumiert. Die vom Bitkom auf Basis einer aktuellen repräsentativen Umfrage gemeldeten Zahlen dazu, wie häufig die Deutschen Videostreaming nutzen, erscheinen mir deshalb viel zu niedrig zu sein.
„Zu jeder Zeit, an jedem Ort: Streaming spielt mittlerweile eine wichtige Rolle im Alltag der Menschen“, heißt es zwar von Dr. Sebastian Klöß, Bereichsleiter Consumer Technology beim Bitkom. Laut der Umfrage des Verbands streamen dann jedoch lediglich 38 Prozent der Videostreaming-User täglich. Also kaum mehr als jeder dritte! Weitere 46 Prozent nutzen Videostreaming mehrmals in der Woche.
87 Prozent derjenigen, die das Internet nutzen, nutzen Videostreaming. Das entspricht 75 Prozent der Deutschen. (Voriges Jahr lag dieser Wert bei 71 Prozent.)
Die meisten User haben spezielle Videostreaming-Plattformen wie YouTube, Twitch und Vimeo, die von 85 Prozent aller Onliner verwendet werden. Hier gab es im Jahresvergleich einen Zuwachs um 6 Prozentpunkte. Demgegenüber büßt das zeitversetzte Fernsehen 6 Prozentpunkte ein und kommt auf nur noch 71 Prozent. Hier stellt sich allerdings die Frage, in welchem Umfang der Abruf von zuvor im linearen TV abgerufenen Inhalten nicht auch über ein Videoportal stattfindet, also beispielsweise über YouTube statt über die Mediathek eines TV-Senders.
Abo-basierte Streamingdienste sind beliebt
Ebenfalls sehr beliebt sind Streamingdienste wie Disney+, Netflix und Amazon Prime Video, die von 61 Prozent der Onliner verwendet werden. In Sozialen Netzwerken wie Instagram, TikTok und Facebook streamen der Umfrage zufolge 41 Prozent. TV-Livestreams nutzen 37 Prozent, was im Jahresvergleich einen Rückgang um 7 Prozentpunkte bedeutet.
Jeder vierte Internetnutzer (25 Prozent) streamt Sport-Inhalte auf darauf spezialisierten bzw. stark darauf ausgerichteten Portalen wie DAZN und Eurosport Player, aber auch Sky. Etwa 1 Prozent der Onliner gibt zu, illegale Streamingangebote zu nutzen. „Die Zahl der Angebote wächst stetig. Außer den Streaming-Angeboten der Fernsehsender haben im Vergleich zu 2021 alle Streamingmöglichkeiten nochmals an Beliebtheit gewonnen“, stellt Bitkom-Experte Klöß fest.
Ohne Frage hat Streaming das Medium Fernsehen verändert. Klassisches TV hat zudem an Relevanz verloren, doch vom Ende des Fernsehens scheinen wir noch weit entfernt: TV-Angebote über einen herkömmlichen Verbreitungsweg wie Antenne, Kabel oder Satellit nutzen 91 Prozent der Deutschen – zumindest ab und an. Unter den 16- bis 29-Jährigen sind es jedoch nur 80 Prozent, die zumindest gelegentlich einschalten. Bei den 30- bis 49-Jährigen liegt dieser Wert bei 89 Prozent und bei den 50- bis-64-Jährigen bei 95 Prozent – unwesentlich niedriger als bei den Senioren mit 97 Prozent, die dafür nur zu 32 Prozent Videos streamen, aber immerhin zu 56 Prozent zu den Onlinern gehören.
Was zählt eigentlich zum Streaming?
Abgesehen von schwierigen Abgrenzungsfragen wie der, welcher Nutzungsart beispielsweise die IPTV-Nutzung bei MagentaTV von der Deutschen Telekom, zuzurechnen ist, habe ich Zweifel, ob nicht einem großen Teil der Befragten gar nicht bewusst ist, wenn sie gerade Videostreaming nutzen. Manchmal ist das tatsächlich nicht leicht zu unterscheiden, wie etwa beim „Sky Q“-Receiver: Nur die Hälfte des Festplattenspeichers steht dort für eigene Aufnahmen zur Verfügung, auf der anderen Hälfte werden von Sky ausgewählte Inhalte automatisch aufgenommen, sodass diese dann für den User auf Abruf bereitstehen – zusätzlich zum Onlinestreaming aus einer noch größeren Auswahl an Inhalten.
Ob man es liebt oder hasst, aber vor Kurzvideos in Sozialen Netzwerken gibt es heutzutage kein Entkommen. Wer Social Media nutzt, wird daher in den allermeisten Fällen im Laufe einer Session auch mal ein Video streamen. Die in der Umfrage ermittelten Zahlen zum Videostreaming in Social Media erscheinen mir daher viel zu niedrig. Nicht unterschätzen sollte man zudem die Beliebtheit von Erotik-Inhalten, die ja größtenteils auch als Videostreams konsumiert werden. Ich kann absolut nicht glauben, dass kaum mehr als jeder dritte Streaming-User (!) nicht zumindest eines der vielen Angebote häufiger in Anspruch nimmt.
Welchen Stellenwert hat hat Videostreaming für Euch?