Wie keine andere Zeit im Jahr bietet der Sommerurlaub die Chance, Abstand von den Belastungen des Arbeitslebens zu nehmen. Eine Zeit lang nicht bei der Arbeit zu sein, auch gedanklich nicht, ist ein wesentlicher Faktor für nachhaltige Erholung. Die ganz große Mehrheit der Urlauber bleibt allerdings im Sommer 2022 für Chefs, Kollegen, Geschäftspartner etc. erreichbar: 71 Prozent laut der diesjährigen Bitkom-Umfrage zum Thema.
Das entspricht in etwa den Werten der Vorjahre: 2021 waren es 72 Prozent, 2017 waren 71 Prozent dienstlich in ihrem Sommerurlaub erreichbar, 2015 wiederum 72 Prozent. Dieses Jahr überhaupt nicht stören lassen wollen sich insoweit lediglich 27 Prozent.
Erreichbar auf ausgewählten Kanälen
Seit Beginn der Corona-Pandemie haben Videochat-Services wie Zoom und Skype zwar sehr viele neue Nutzer gewonnen, viele Menschen, die sich zuvor dieser Kommunikationsform verweigert hatten, haben die Vorteile schätzen gelernt – im Urlaub an Videokonferenzen teilnehmen will dieses Jahr dennoch nur rund jeder vierte berufstätige Sommerurlauber (27 Prozent). Damit liegen Videochats indes deutlich vor Kollaborationstools wie Slack und Microsoft Teams, die allerdings auch weniger weit verbreitet sind.
Einer von vier erwerbstätigem Sommerurlaubern (27 Prozent) ist bereit, dieses Jahr berufsbezogene E-Mails zu lesen und zu schreiben; offen für die Kommunikation mittels Textnachrichten (Instant Messaging oder SMS) geben sich 70 Prozent. Ganz freiwillig ist der hohe Grad an Erreichbarkeit während des Urlaubs indes nicht.
Zwar möchte kaum jemand ohne sein Handy in den Urlaub fahren, doch nur 15 Prozent der berufstätigen Sommerurlauber möchten von sich aus für den Job erreichbar bleiben. Jeder zweite geht dagegen davon aus, dass sein Vorgesetzer dies von ihm erwarte, 63 Prozent glauben, dass Kollegen dies erwarten würden.
Ist es dann überhaupt möglich, sich richtig zu erholen?
83 Prozent der erwerbstätigen Sommerurlauber glauben, dass sie abschalten können, auch wenn sie nicht alle Kommunikationskanäle zu ihrem Job kappen. Wie passt das zu den 82 Prozent, die mit Blick auf die Corona-Pandemie im Urlaub „gezielt abschalten“ wollen?
Die Antwort findet sich in einem pragmatischen Umgang mit diesem Dilemma: 67 Prozent haben vor, nur zu bestimmten Zeiten erreichbar zu sein bzw. von sich aus nachzusehen, ob es neue Nachrichten gibt. Jeder zweite (52 Prozent) geht einen Schritt weiter und ist nur über einen speziellen Kommunikationsweg wie eine extra Notfall-Telefonnummer oder eine besondere E-Mail-Adresse erreichbar. Das garantiert zwar noch keinen verantwortungsbewussten Umgang derjenigen, denen dieser Kommunikationsweg offensteht, aber damit gibt es eine gewisse Hemmschwelle und nicht jeder im Job verfügt über diese Daten. So gesehen ist das eigentlich eine gute Lösung.
Aber nicht für alle, denn jeder zweite (49 Prozent) fühlt sich unter Druck gesetzt, ständig in seinem Urlaub erreichbar zu sein. 36 Prozent haben Angst etwas zu verpassen, wenn man sie im Urlaub nicht jederzeit erreichen kann.
„Mobil und flexibel zu arbeiten, ist heute für viele Menschen Alltag. Wo Berufs- und Privatleben zunehmend verschmelzen, ist umso wichtiger, sich eine feste Auszeit zu nehmen und den Sommerurlaub ungestört zu genießen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Arbeitgeber sind in der Verantwortung, funktionierende Vertretungslösungen zu etablieren, damit sich die Beschäftigten in den Ferien erholen können. Nur im äußersten Notfall sollte der Urlaub gestört werden.“ Er plädiert für klare Regeln und – ebenfalls wichtig – eine klare Ansage, was die grundsätzliche Erwartungshaltung auf Unternehmenseite an seine Arbeitnehmer ist. Leider war die Erwartungshaltung auf Seite der Unternehmen nicht Teil der Umfrage.
Wie halten es unsere Leser mit der Erreichbarkeit im Sommerurlaub, was ist die Motivation dahinter?