Dieses Jahr werden in Deutschland fast so viele Smartphones wie voriges Jahr verkauft und der Umsatz steigt um 4 Prozent, prognostiziert der Bitkom. Ein kleines Plus gibt es außerdem im Tablet-Markt.
Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 24,2 Millionen Smartphones verkauft, für 2017 rechnet der Bitkom mit 24,1 Millionen. Aufgrund höherer Durchschnittspreise wird trotz der leicht niedrigeren Stückzahlen mit einem Umsatzplus in Höhe von 4 Prozent gerechnet: von 9,4 auf 9,8 Milliarden Euro.
Möglich macht das Wachstum das gestiegene Interesse an Phablets, zu denen in diesem Fall Smartphones mit Displaydiagonalen zwischen 5,5 und 7 Zoll gezählt werden. Größer, besser, teurer bleibt also das Motto der Konsumenten. Der Phablet-Markt wächst der Prognose zufolge um 8 Prozent auf 5 Millionen Stück.
Trotz des weiterhin vergleichsweise geringen Marktanteils kommt es so zu dem signifikanten Umsatzanstieg im Gesamtmarkt. Für ein Phablet gehen die Analysten von einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 615 Euro aus, bei Smartphones sind es nur 352 Euro. „Auch zehn Jahre nach der Einführung des iPhone, das den Durchbruch für Smartphones brachte, ist die Nachfrage ungebrochen. Die Geräte werden immer leistungsfähiger und vereinen immer mehr Funktionen in sich, von der Kommunikationszentrale über den Fotoapparat bis zum elektronischen Ticket und der Geldbörse“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Viele kleine Verbesserungen
Ich denke, dass in der Funktionsvielfalt der entscheidende Grund für das anhaltende Umsatzwachstum liegt. Die Innovationssprünge sind seit einer Weile nicht mehr so groß, dass Unterschiede zwischen ein oder zwei Generationen eines Modells einem ins Auge springen würden. Das neueste Modell kann meist nichts so viel besser, als dass dies ein gutes Argument für einen Neukauf wäre.
Da das Smartphone im modernen Alltag jedoch ein Universalwerkzeug mit zahlreichen Funktionen ist, summieren sich mitunter kaum merkliche Verbesserungen in Details auf ein Maß, welches dann doch einen starken Kaufanreiz bietet.
Teure Smartphones sparen Geld
Zudem ist da das Kostenargument: Teure Smartphones sparen Geld, weil sie viele Aufgaben so gut übernehmen, dass auf die Anschaffung spezialisierter Geräte verzichtet werden kann. Das relativiert nicht zuletzt die negativen Folgen für die Umwelt durch Verbraucher, die sich alle ein bis zwei Jahre ein neues Smartphone anschaffen.
Hier muss meines Erachtens unbedingt berücksichtigt werden, welche anderen Anschaffungen dadurch unterbleiben – etwa Foto-Apparate und Camcorder, MP3-Player, Navigationsgeräte, Spielkonsolen, E-Book-Reader, Wetterstationen, Desktop-PCs und Notebooks. Letztere werden zwar häufig nicht komplett durch Smartphones oder Tablets ersetzt – aber seltener!
Einen Schritt weiter gedacht sind positive Effekte beim Stromverbrauch ein relevanter Faktor. Ein Beispiel: Wenn ein Nachmittag mit einer Gaming-App auf dem Smartphone verbraucht wird, statt eine an den großen Fernseher im Wohnzimmer angeschlossene Spielkonsole zu verwenden, wird nur Bruchteil an Energie benötigt.
Ein solcher Kontext lässt die 67 Milliarden Euro, welche die Deutschen in den letzten zehn Jahren für Smartphones ausgegeben haben, gar nicht so verschwenderisch wirken. „Es gibt kein anderes Gerät, das sich die Deutschen mehr kosten lassen als das Smartphone“, so Berg.
Obwohl in diesem Zeitraum rund 180 Millionen Smartphones in Deutschland verkauft wurden, nutzen aktuell nur etwa 54 Millionen und damit 78 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren eines dieser Geräte. Nun ist nicht zu erwarten, dass die restlichen 22 Prozent alle nächstes Jahr ihre Meinung ändern und endlich Smartphone-User werden, doch ein gewisses Potenzial sehe ich schon. Auch daher könnte das weitere Umsatzwachstum gespeist werden.
Tablets bleiben attraktiv
Mit dem Aufkommen der „Riesen-Smartphones“ hatten viele ein Ende des Tablet-Booms vorhergesagt. Das Interesse an Tablets ist zwar deutlich geringer als das Interesse an Smartphones, doch der Markt entwickelt sich stabil. Voriges Jahr wurden in Deutschland immerhin 6,7 Millionen Geräte verkauft, für dieses Jahr prognostiziert der Bitkom 6,6 Millionen Verkäufe. Da es hier ebenfalls einen Trend zu höherwertigen Geräten gibt, wird sogar ein Umsatzplus in Höhe von 2,4 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro erwartet. Dabei wird von einem durchschnittlichen Anschaffungspreis von 318 Euro ausgegangen.
„Der Abgesang auf die Tablets kam eindeutig zu früh. Tablets haben sich in vielen Haushalten als Zusatzgerät durchgesetzt, das zum Spielen für die Kinder ebenso eingesetzt wird wie um schnell mal die Social-Media-Accounts zu checken“, führt Berg aus. „Aber auch im geschäftlichen Umfeld werden Tablets immer häufiger für Aufgaben eingesetzt, die in der Vergangenheit etwa mit Checklisten auf Papier bearbeitet wurden.“
Hier ist vor allem die höhere Nachfrage der Unternehmen nach Tablets, welche mit einer hochwertigen Tastatur fest verbunden werden können, zu berücksichtigen. Ich kann mir gut vorstellen, das diese Geräteklasse demnächst verstärkt in Privathaushalten einziehen wird und dort teilweise herkömmliche Notebooks ersetzt. Modelle in der Preisklasse eines Microsoft Surface Pro wird sich die Mehrheit zwar nicht leisten wollen oder können, doch Unternehmen wie Samsung und Lenovo und noch mehr Huawei und Acer offerieren ihre Produkte zu Preisen, bei denen die finanzielle Hürde nicht mehr der entscheidende Nachteil gegenüber Notebooks ist.
Übrigens: Wie erfolgreich Tablets sind, ist nicht zuletzt eine Definitionsfrage. Vielleicht nicht ein 5,5-Zoll-Phablet, aber ein Phablet mit einem 7 Zoll großen Bildschirm könnte genauso gut als Tablet statt als Smartphone gezählt werden. Was meint Ihr dazu?