Zu Beginn der Woche hat Amazon den Supermarkt der Zukunft vorgestellt. Allerdings handelt es sich um keine Konzeptstudie, sondern um einen echten Markt, der bereits geöffnet hat und vorerst den eigenen Mitarbeitern zur Verfügung steht. Damit zeigt Amazon, dass Dinge, die nach Zukunft klingen, heute schon möglich sind.
Der vorgestellte Supermarkt hat in den Medien große Aufmerksamkeit erlangt. Hauptgrund ist die Idee, den Markt ohne Kassen zu realisieren. Kunden melden sich beim Betreten des Geschäfts zunächst mit ihrem Smartphone an, anschließend legen sie die benötigten Artikel direkt in die Einkaufstasche. Anstehen an einer Kasse ist nicht erforderlich, beim Verlassen des Marktes wird der Gesamtpreis der mitgenommenen Artikel einfach mit dem Amazon Konto verrechnet.
Amazon geht einen neuen Weg im Lebensmitteleinzelhandel
Bei genauerer Betrachtung überrascht es nicht, dass Amazon einen neuen Weg beim Verkauf von Lebensmitteln eingeschlagen hat. Das Unternehmen hat mit der direkten Lieferung von Lebensmitteln nach Hause längst experimentiert. Allerdings scheint der Service nur bedingt anzukommen, was plausible Gründe hat. Schließlich geht es um Artikel, die sich relativ schnell und unkompliziert vor Ort einkaufen lassen. Hinzu kommt das eigentliche Einkaufserlebnis, das sich vom Erlebnis beim Online-Einkauf maßgeblich unterscheidet.
Nun lautet die Frage, ob das Supermarkt-Konzept aufgeht und auch in Städten außerhalb von Seattle anzutreffen sein wird. Potenzial ist zweifelsohne gegeben, nie zuvor schien das Einkaufen einen solch großen Komfort zu bieten. Immerhin punktet Amazon gleich mit zwei Eigenschaften. Zum einen entfällt die Wartezeit an der Kasse, was nicht außer Acht zu lassen ist. Zum anderen erhält der Ausdruck „bargeldlos bezahlen“ eine neue Bedeutung. Es ist nicht einmal erforderlich, eine Kreditkarte zu zücken. Wer seine Waren zusammen hat, verlässt einfach das Geschäft.
Diesen Hürden muss sich der neue Supermarkt stellen
Es könnte schnell der Eindruck entstehen, dass Amazon die USA bald mit seinem Konzept überrennt und die Konkurrenten verblüfft hinter sich zurücklässt. Allerdings darf man sich nicht täuschen, immerhin befinden wir uns im Lebensmitteleinzelhandel – und der ist dafür bekannt, dass die Teilnehmer mit harten Bandagen kämpfen.
Ein Kernthema sind die Margen. In vielen Produktbereichen gelten die Margen als gering. Wer keine guten Einkaufskonditionen hat, braucht gar nicht erst antreten. Genau hier geht es schon los. Während etablierte Händler wie Walmart oder Aldi zu besten Konditionen einkaufen, muss Amazon erst einmal eine Lösung für dieses Problem finden. Selbst bei einer starken Expansion wird es nicht so leicht gelingen, die Einkaufskonditionen deutlich zu verbessern.
Somit ist davon auszugehen, dass Amazon seine Lebensmittel eher zu hohen Preisen verkauft und damit längst nicht alle Menschen anspricht. Gerade in den USA kann es sich nicht jeder leisten, in solchen Geschäften einzukaufen. Kein Wunder, dass günstige Händler wie Walmart und Aldi einen solch enormen Zulauf erfahren.
Damit wäre auch klar, wo Amazon weitere Standorte eröffnen müsste – nämlich in Gegenden, in denen Besserverdiener einkaufen. So ist es aber kaum möglich, ein wirklich großes Filialnetz zu schaffen. Folglich wäre es keine Überraschung wenn das Filialnetz der Amazon Supermärkte überschaubar bleibt.
Dann bleibt noch die Frage, wie die großen etablierten Händler reagieren. Es ist schließlich nicht so, dass Amazon über einen gewaltigen technologischen Vorsprung verfügt. Entsprechendes Knowhow könnten sich die Konkurrenten einkaufen. Das Geld dafür hätten sie, wodurch es umso spannender bleibt.