Die große Mehrheit der Deutschen verwendet im Alltag Instant Messaging Services. Unter jungen Menschen sind die Dienste zwar signifikant stärker verbreitet als unter alten, aber selbst von den Senioren nutzt sie mehr als jeder vierte.
Instant Messaging ist alles andere als neu, es hat lange gedauert, bis sich diese Plattformen als Kommunikationskanal allgemein durchgesetzt haben. Auf Desktop-Computern hatten Anbieter wie ICQ und AIM bereits in den 90ern eine gewisse Bedeutung, aber dem Durchschnittsbürger waren sie unbekannt. Erst mit der allgemeinen Verbreitung von Smartphones in Verbindung mit günstigen Tarifen für mobiles Internet konnte sich Instant Messaging wirklich durchsetzen – dann allerdings innerhalb weniger Jahre.
Ist Instant Messaging eine Altersfrage? Zum Teil …
Einer repräsentativen Umfrage des Bitkom zufolge verwenden mehr als zwei von drei Onlinern (69 Prozent) in Deutschland Instant Messaging Services. In Anbetracht der überproportionalen Bedeutung von Instant Messaging unter Jugendlichen dürfte dieser Wert höher sein, befragt wurden nämlich (wie in den allermeisten Erhebungen solcher Art) nur Personen ab 14 Jahren. In der Altersgruppe zwischen 14 und 29 Jahren gehören 82 Prozent der Onliner zu den Instant Messaging Usern, in der Gruppe der 30- bis 49-jährigen 81 Prozent.
Spürbar geringer ist die Verbreitung mit 59 Prozent erst in der Altersgruppe zwischen 50 und 64 Jahren. Onliner ab 65 Jahren sind immerhin zu 28 Prozent Nutzer von Instant Messaging Services. Beim letzten Wert solltet Ihr berücksichtigen, dass es unter den Senioren noch recht viele Offliner gibt.
„Kurznachrichtendienste ermöglichen eine schnelle, unkomplizierte und preiswerte Kommunikation“, nennt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder einige Gründe für die Beliebtheit der Dienste. Sie bieten deutlich mehr Funktionen als klassische Handykurzmitteilungen, beispielsweise (je nach Anbieter) Foto- und Videoversand, die Übermittlung des eigenen Standorts, Spaßfunktionen und mitunter Videokonferenzfunktionen. Von vielen geschätzt werden Funktionen für die Kommunikation innerhalb von Gruppen.
Rohleder: „Messenger entwickeln sich zu Multifunktionsdiensten. Damit haben sie die gute alte SMS bereits weitgehend ersetzt.“ Ganz so weit ist es noch nicht, der Bitkom selbst führt an, dass die Zahl der in Deutschland verschickten SMS im Jahr 2015 um 26 Prozent geringer als im Jahr 2014 war, aber immerhin noch 16,6 Milliarden SMS verschickt wurden; so tot ist die SMS also nicht. Der Vergleich mit dem Höchstwert aus 2012, als nahezu 60 Milliarden SMS in Deutschland versendet wurden, verdeuticht allerdings, dass der Bedeutungsverlust der herkömmlichen Kurzmitteilungen gewaltig ist.
Große Auswahl an Diensten
Die Zahl der Abieter von Instant Messaging Services ist verwirrend groß. Der Großteil der User verteilt sich indes auf sehr wenige Anbieter: Die Facebook-Tochter WhatsApp ist hierzulande eindeutiger Marktführer. 63 Prozent aller Onliner in Deutschland gaben bei der Befragung an, den Dienst in den letzten vier Wochen genutzt zu haben. Die Nummer zwei in Deutschland, das vor einiger Zeit von Microsoft teuer eingekaufte Skype, kommt hier auf einen Wert von 16 Prozent. Der Facebook Messenger – in vielen Ländern die Nummer eins – erreicht lediglich einen Wert von 15 Prozent, iMessage kommt auf 9 Prozent und Google Hangouts auf 9 Prozent.
Während in den USA Snapchat inzwischen – vor allem unter Jugendlichen – eine große Bedeutung hat, kommt der Dienst in der Umfrage auf einen Wert von bloß 2 Prozent. Anbieter, die schon lange die Sicherheit in den Vordergrund stellen, darunter Threema, Signal und Telegram, haben hierzulande wenige Anhänger. Als einen Grund vermutet der Bitkom, dass auch die großen Anbieter inzwischen Sicherheitsfunktionen, also vor allem eine Verschlüsselung der Nachrichten, bieten.
Ich denke allerdings, dass dieser Aspekt zwar für die Mehrheit der User theoretisch ein hohes Gewicht hat, aber die User in der Praxis schlicht bei dem bleiben, was sie kennen und womit sie ihre Freunde und Verwandten erreichen können. Ein Wechsel ist mit Aufwand verbunden, mag er auch noch so klein sein. Und der Wechsel wird immer schwieriger, weil die Messenger durch zusätzliche Funktionen immer nützlicher werden. „Messenger haben den Vorteil, dass sie auf einer Plattform viele unterschiedliche Dienste integrieren können“, so Rohleder.
Plattformen sind in guter Position
Ich habe allerdings Zweifel daran, dass Chatbots dabei den Königsweg darstellen. Für manche Anwendungsfälle kann es praktisch sein, Funktionen mittels Chat aufzurufen, doch in den meisten Fällen dürfte es leichter sein, die gewünschte Funktion direkt aufzurufen, sei es als Teil der Messaging-App, als eigene App, als Funktion einer auf dem jeweiligen Endgerät präsenten virtuellen Assistenz oder auf irgendeine andere Weise. Dass die Instant Messaging-Anbieter mit ihren Plattformen in einer starken Position sind und hervorragende Chancen haben, Zusatzdienste anzubieten, ist dagegen unbestreitbar.
Welchen Stellenwert hat Instant Messaging für Euch, welche Dienste nutzt Ihr? Wenn Euch das Thema interessiert, empfehle ich Euch, einen Blick nach Asien zu werfen, wo Zusatzfunktionen auf Instant Messaging Services bereits auf einem völlig anderen Level liegen. Schaut Euch dazu WeChat, LINE und KakaoTalk an, die Marktführer in China bzw. Japan bzw. Südkorea!