Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf zur Störerhaftung nach Kritik von mehreren Seiten zwar überarbeitet, macht die Kritiker damit aber nicht glücklich. Weder dem Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V. noch den „Freifunkern“ gehen die Änderungen weit genug. Der Hightech-Verband BITKOM kritisiert die seiner Meinung nach weiterhin umständlichen Anmeldeprozeduren.
Unnötige Hürden für die Betreiber von Hotspots werden als ein wesentlicher Grund für die vergleichsweise schlechte Verfügbarkeit von öffentlichen WLAN-Zugängen angeführt. Zudem würden bestehende Zugänge dadurch zu wenig genutzt. Dazu nennt der Verband einige Zahlen aus einer repräsentativen Umfrage unter Onlinern, die von Bitkom Research durchgeführt wurde.
Demnach nutzten lediglich 39 Prozent der Internetuser in Deutschland außerhalb ihres Zuhauses WLAN. Bei den Smartphone-Besitzern sind es mit 45 Prozent kaum mehr. Zum Vergleich: 80 Prozent der Smartphone-Besitzer gehen über ein Mobilfunknetz online. „Öffentliche WLAN-Zugänge fristen in Deutschland ein Nischendasein“, stellt BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder fest. „Trotz einer insgesamt guten Versorgung mit mobilen Internetzugängen bremst die geringe WLAN-Nutzung die digitale Entwicklung.“
Ein wesentlicher Grund seien die in Deutschland geltenden restriktiven Haftungsregeln, von denen sich zahlreiche potenzielle Hotspot-Betreiber wie Café- und Restaurant-Besitzer abschrecken ließen. Die vorhandenen Zugänge würden oft nicht genutzt, weil den potenziellen Usern die Anmeldung zu umständlich sei. In der Umfrage kritisierte mehr als jeder dritte Teilnehmer (35 Prozent) eine zu komplizierte Einwahl.
Immer noch zu kompliziert
Der BITKOM zweifelt daran, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der so genannten Störerhaftung in seiner aktualisierten Fassung viel ändern werde. Unter bestimmten Bedingungen sollen Hotspot-Betreiber zwar von der Störerhaftung befreit werden, aber anstelle der allgemein kritisierten Pflicht zur Verschlüsselung treten nun „angemessene Sicherungsmaßnahmen“. In der Praxis würde die auf eine zu aufwendige Registrierungspflicht oder eine nicht gerade praktische Vergabe von Zugangscodes hinauslaufen. „Es sollte reichen, für die Freischaltung in einem öffentlichen WLAN auf einem Portal die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bestätigen“, sagte Rohleder. Schließlich habe sich dieses einfache Verfahren bisher bewährt.
Wenn deutsche Internetnutzer außerhalb ihres Zuhauses über ein WLAN ins Netz gehen, dann am ehesten in einem Hotel. In der Umfrage gaben 88 Prozent der Teilnehmer an, ihre mobilen Endgeräte über WLAN-Zugänge von Hotels ins Internet zu bringen. 77 Prozent gehen über WLANs von gastronomischen Betrieben wie Restaurants und Cafés online, 76 Prozent wählen sich bei Freunden und Verwandten ein.
49 Prozent der Befragten nutzen Hotspots in öffentlichen Verkehrsmitteln, 41 Prozent solche auf Flughäfen und Bahnhöfen, 40 Prozent nutzen Zugangspunkte von öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken und Universitäten, 36 Prozent verwenden WLANs in Freizeiteinrichtungen.
Gefahrenquelle Hotspot
Unkomplizierter Zugang zu öffentlichen Hotspots kann sehr nützlich sein. Andererseits ist es vielleicht gar nicht schlimm, dass es in Deutschland komplizierter ist, denn angesichts der möglichen Gefahren in Kombination mit dem üblichen Leichtsinn von Usern ersparen sich viele Nicht-Nutzer öffentlicher WLANs Probleme. Die Verschlüsselungspflicht aufzugeben ist so gesehen möglicherweise kein Schritt in die richtige Richtung.
Für die meisten Onliner, die bisher vermutlich nicht einmal darüber nachgedacht haben, bei der Nutzung öffentlicher WLANs ein VPN zu verwenden, ist es wohl besser, unterwegs das mobile Internet über Mobilfunknetze zu nutzen. Leider sind die Traffic-Limits – trotz Fortschritte in letzter Zeit – immer noch absurd niedrig. In Europa gibt es nur wenige Länder, in denen Mobilfunkkunden weniger Traffic für ihr Geld erhalten. Das Beratungsunternehmen Rewheel veröffentlichte letzten Monat Daten dazu.
Lieber mehr LTE-Traffic
Wer für einen LTE-Tarif, bei dem mindestens 1.000 Telefonminuten und eine SMS-Flatrate enthalten sind, 35 Euro monatlich ausgibt, bekommt in Deutschland nur 1 GB Traffic. In Spanien ist das Datenvolumen dreimal so groß, in Polen zehnmal. In Frankreich, Großbritannien, Schweden und Dänemark sind zu diesem Preis sogar 20 GB inkludiert. An der Spitze liegt Finnland mit 50 GB – was man dafür wohl in Deutschland bezahlen müsste? Der Tarifrechner bei Verivox ermöglicht derzeit nur eine Suche nach Tarifen mit bis zu 10 GB, bei Check24 beträgt der Höchstwert 3 GB.
Was ist Euch wichtiger, unkomplizierter Zugang zu WLAN-Hotspots (und ein paar mehr davon) oder bezahlbare Smartphone-Tarife mit viel mehr Traffic?