Jobsuchende müssen damit rechnen, dass Unternehmen ihre Profile auf Social Media Websites überprüfen. Dort gewinnen Personalverantwortliche oft aussagekräftigere Informationen als aus den Bewerbungsunterlagen. Das muss allerdings kein Nachteil sein.
Würdet Ihr in Eure Bewerbungsmappe Fotos Eurer Haustiere, Urlaubsvideos und Eure alten Tagebücher legen? Bevor Ihr Nein sagt: Möglicherweise habt Ihr das längst getan. Gewissermaßen jedenfalls, denn wie eine neue BITKOM-Umfrage zeigt, sehen sich 46 Prozent der Personalverantwortlichen die Social-Media-Profile ihrer Bewerber an.
Befragt wurden in der repräsentativen Untersuchung zwar bloß Unternehmen ab 50 Mitarbeitern, doch ich gehe davon aus, dass die Neugier auf die Social-Media-Profile von Bewerbern in kleineren Unternehmen kaum gebremst wird, während es in großen Unternehmen eher ein Bewusstsein für die datenschutzrechtlichen Probleme in diesem Zusammenhang gibt. Bei überwiegend privat genutzten Plattformen wie Facebook überhaupt einen Blick auf das Profil eines Bewerbers zu werfen, könnte ja bereits verboten sein.
Ob das alles so erlaubt ist …
Die Rechtslage in diesem Bereich ist unübersichtlich. Zudem kann man eine Online-Recherche mit den besten Absichten starten und dann doch auf Informationen aus dem Privatleben stoßen, die im Bewerbungsprozess keine Rolle spielen dürfen, die man deshalb aber nicht einfach auf Knopfdruck vergessen kann.
Weitgehend unproblematisch ist das Sichten von Business-Netzwerken wie XING und LinkedIn, was laut BITKOM-Umfrage 39 Prozent der Unternehmen machen. Auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter, wo Privates eine sehr viel größere Rolle einnimmt, sehen sich immerhin 24 Prozent um. Mit Blick auf die zuvor angesprochene rechtliche Problematik glaube ich indes nicht, dass alle Befragten ehrlich geantwortet haben.
Wertvolle Informationen über Bewerber
Dazu sind die Möglichkeiten doch zu verlockend: „Profile in Sozialen Netzwerke sind oft aussagekräftiger als eine kurze Bewerbung. Deshalb werden Personalabteilungen künftig noch häufiger darauf zurückgreifen, um sich ein Bild von Kandidaten zu machen“, prognostiziert BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Ein bewusst gepflegtes Profil kann die Bewerbungsunterlagen ergänzen, die eigenen Qualifikationen unterstreichen und das Bild eines Kandidaten abrunden.“
15 Prozent der derjenigen Personalverantwortlichen, die Social-Media-Profile sichten, haben sich aufgrund dessen bereits im Vorfeld gegen einen Bewerber entschieden. 90 Prozent nannten Widersprüche zu den Personalunterlagen als Grund für ihre Entscheidung, 32 Prozent missfielen inkompetente fachliche Äußerungen, 6 Prozent störten sich an beleidigenden Äußerungen.
Keine Bedeutung sollen dagegen politische Weltanschauungen und Partyfotos haben. „Kein Personalentscheider ist so weltfremd, dass er Bewerber aussortieren würde, weil sie ausgelassen feiern. Es gibt aber Grenzen bei dem, was öffentlich ins Netz gestellt werden sollte“, so Rohleder.
Worauf achten die Unternehmen?
89 Prozent der Befragten möchten die fachliche Qualifikation überprüfen, 72 Prozent interessieren sich für öffentliche Äußerungen zu Fachthemen und 56 Prozent für Äußerungen zum eigenen Unternehmen und Wettbewerbern. Allerdings achten 44 Prozent auf Hobbys und sonstige Privataktivitäten ihrer Bewerber, 34 sehen sich private Fotos genau an, 5 Prozent interessieren sich für die Zahl der Kontakte in den Netzwerken und 4 Prozent interessieren sich für die veröffentlichten politischen Ansichten.
Wenn eine Sichtung der Social-Media-Profile- bzw. Aktivitäten erfolgt, geschieht dies bei nahezu zwei von drei Unternehmen (62 Prozent) vor der Entscheidung für eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, 39 Prozent nehmen sich nach dem Gespräch Zeit dafür, 30 Prozent bei der ersten Sichtung der Bewerbungsunterlagen. 12 Prozent führen eine Überprüfung unmittelbar vor der Entscheidung über eine Einstellung durch.
Nicht nur an Deutschland denken
Eines gerät bei einer solchen Befragung leicht aus dem Blick: Was in Deutschland unproblematisch sein mag, könnte bei einer Bewerbung im Ausland zur Ablehnung führen. Bewirbt sich ein 16-Jähriger in Deutschland auf eine Ausbildungsstelle, wird ihn ein Privatfoto, das ihn mit einem Bier in der Hand zeigt, kaum große Probleme bereiten. Wenn er sich nach seiner Ausbildung hingegen in den USA bewirbt, sähe das ganz anders aus. Da es heutzutage nicht ungewöhnlich ist, eine Zeit lang im Ausland zu arbeiten, sind unterschiedliche Maßstäbe keineswegs ein theoretisches Problem.
Neben den vielfältigen nachteiligen Effekten sollten wir die positiven Auswirkungen der Sichtung von Social-Media-Profilen- und Aktivitäten von Bewerbern nicht vergessen. Das gilt sowohl für objektiv relevante Informationen als auch für Privates, das sehr zu einem positiven Gesamteindruck beitragen kann. Außerdem kann dieselbe Information ganz unterschiedliche Reaktionen hervorrufen.
Wie geht Ihr damit um, dass potenzielle Arbeitgeber sich für das interessieren, was Ihr in Social Networks und anderen Orten im Internet veröffentlicht?