Der weiter schnell wachsende E-Commerce-Sektor wird für den stationären Handel zum Problem. Von den besonders begehrten Lagen abgesehen macht sich das mangelnde Interesse am Offline-Shopping in den Innenstädten bemerkbar. Schlimme Sache – oder gut so!
Gestern wurde in zahlreichen Medien – von heise.de über die Kölnische Rundschau bis zur Huffington Post – eine dpa-Meldung zum Ladensterben in Klein- und Mittelstädten infolge der Zuwächse im E-Commerce verwertet. Leider wurde allgemein unkritisch die Message übernommen, dass es sich bei der Abwanderung der Kunden aus den Innenstädten ins Internet um eine negative Entwicklung handele. Von einer Bedrohung oder gar einer Zerstörung der Innenstädte war oftmals bereits in den Überschriften die Rede.
Innenstädte müssen keine Einkaufszentren sein
Abgesehen davon, dass persönliche Meinungen bzw. Bewertungen den Lesern nicht als Fakten verkauft werden sollten, möchte ich dieser Einschätzung deutlich widersprechen: Warum bitte sollte man sich wünschen, dass sich in den Stadtzentren ein Laden an den anderen reiht? Es gibt vermutlich nicht wenige Menschen, für die Shopping der Mittelpunkt ihres Lebens ist. Als individuelle Entscheidung respektiere ich das, aber wieso sollte Shopping die Innenstädte dominieren?
Ich halte dagegen und sage: Ohne die vielen Läden sind die Stadtbewohner besser dran! Der stationäre Handel sorgt für unnötig viel Verkehr mit den entsprechenden Belastungen für Anwohner und Umwelt. Zudem waren es gerade die Ladenketten, die für einen Einheitslook der Innenstädte gesorgt haben. Bei Bildern einer typischen Ladenzeile ist es schwer zu sagen, in welcher Stadt diese sich befindet – oder sogar in welchem Land!
Endlich Platz, wenn die Läden weg sind
Je mehr stationäre Läden verschwinden, desto mehr Platz wird für andere Nutzungsformen frei. „Lebensraum statt Verkaufsraum“, das wäre doch ein schöner Slogan. Veröden müssen die Innenstädte nicht, wenn es dort weniger Verkaufsgeschäfte gibt. Wenn die Menschen weiterhin ein Bedürfnis nach Orten haben, wo sie auf viele andere Menschen treffen, bleiben Kino,Kirmes, Kaffee, Kirche und Kultur, um nur mal ein paar Begriffe mit einem Buchstaben des Alphabets zu nennen.
Das würde an dieser Stelle zu weit führen, aber hinterfragt werden sollte außerdem, ob wir in Zukunft überhaupt noch „Innenstädte“ brauchen. Nur weil sie früher einmal wichtig waren, muss das in Zukunft nicht auch noch so sein. Aber bleiben wir für heute beim Einkaufen!
Die Zukunft wird irgendwie anders
Das Internet verändert alle Lebensbereiche. Obwohl es in den letzten 10 bis 20 Jahren in manchen davon bereits erhebliche Veränderungen gegeben hat, scheinen die meisten Menschen für die nächsten Jahre keine Umwälzungen zu erwarten. Die Menschen halten sich halt an das, was sie kennen. Die Vorstellung von der Zukunft wird vor allem von Gegenwart und Vergangenheit bestimmt. In der Vorstellung sieht die Zukunft dann wie eine schickere Version der Gegenwart aus.
Was das Einkaufen angeht, wird es meiner Ansicht nach langsam Zeit, uns eine Zukunft vorzustellen, in der Ladengeschäfte die Ausnahme bilden und so gut wie alles online gekauft wird. Für die Deckung des täglichen Bedarfs mit Lebensmitteln und Haushaltswaren nicht mehr das Haus zu verlassen, kann sich die Mehrheit der Verbraucher wohl noch nicht vorstellen.
Eine Welt ohne CDs und Bücher aus Papier
In anderen Bereichen fällt das leichter: Zu einer Welt ohne CDs, weil diese von Kaufdownloads und Streamingdiensten verdrängt werden, gehört nicht mehr viel Fantasie. Der Abschied von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften aus Papier ist ebenfalls absehbar. Da werden sich viele nur wundern, wie schnell das gehen wird!
Nicht übersehen sollte man, dass verschiedene Entwicklungen ineinandergreifen. Dazu nur ein Beispiel: Wenn das, was bisher im Supermarkt gekauft wird, in einem Onlineshop bestellt wird, gibt es wieder einen Grund weniger, sich ein eigenes Auto anzuschaffen. Umgekehrt lädt der Verzicht auf ein eigenes Auto natürlich dazu ein, sich benötigte Waren aller Art lieber liefern zu lassen, als selbst hinzufahren und sie „abzuholen“.
Seht Ihr im stark wachsenden Onlinehandel eine Bedrohung für die Innenstädte?