Einer aktuellen Studie zufolge stehen kommerzielle Video-on-Demand-Anbieter kurz davor, im Massenmarkt Fuß zu fassen. Der Gesamtumsatz der Branche könnte von 163 Millionen Euro im vorigen Jahr bis 2014 auf 449 Millionen Euro wachsen.
Es hat eine Weile gedauert, doch kostenpflichtiges Video-on-Demand setzt sich nun auch in Deutschland durch. Voriges Jahr hatten die kommerziellen Onlinevideotheken vier Millionen Kunden. Im Durchschnitt wurden von jedem User acht Videos „geliehen“ und sechs gekauft. Das zeigt die Studie „Video-on-Demand Forecast 2018“ des Beratungsunternehmens Goldmedia.
Geht es jetzt richtig los?
Wie die Jahreszahl im Titel der Studie verdeutlicht, haben sich die Experten nicht nur mit dem aktuellen Stand, sondern ebenfalls mit möglichen Zukunftsszenarien befasst. Die künftige Entwicklung wird positiv beurteilt, Video-on-Demand sei auf dem Weg zum Massenmarkt. In der gesamten Branche erreichen die Umsätze laut Goldmedia im Jahr 2018 ein Volumen von 449 Millionen Euro – jedenfalls in einem möglichen Szenario.
Zu Beginn des Jahres zählte Goldmedia rund 50 Video-on-Demand-Anbieter. Dabei handelt es sich um Unternehmen mit verschiedenen Angeboten und Geschäftsmodellen. Mit 73 Millionen Euro der größte Teil der Umsätze von insgesamt 163 Millionen Euro entfiel letztes Jahr auf Bezahlvideos. In der Branche spricht man bei den gegen einmalige Zahlung für einen bestimmten Zeitraum (oft 48 Stunden) abrufbaren Inhalten vom T-VoD-Markt (Transactional Video-on-Demand).
Am zweitgrößten war mit 57 Millionen Euro der Anteil der Inhalte, welche die Kunden nach Bezahlung zum Behalten herunterladen können. Dieses Segment nennt sich im Branchen-Sprech Download-to-Own (DtO). Deutlich kleiner ist der Bereich, bei dem auf Grundlage eines Abonnements der Zugang zu allen Inhalten des jeweils bezahlten Pakets gewährt wird. Dieses als S-VoD (Subscription VoD) bezeichnete Segment sorgte 2013 erst für einen Umsatz von 33 Millionen Euro. Die werbefinanzierten Video-on-Demand-Angebote wurden in diese Berechnung nicht einbezogen.
Zahlreiche Anbieter in Deutschland
Die deutsche Video-on-Demand-Landschaft ist vielfältig und stark fragmentiert. Wichtige Anbieter im S-VOD-Markt sind maxdome, LOVEFiLM, Watchever, Videoload und Snap, aber es gibt noch eine Reihe weiterer Dienste, die ihre Inhalte auf Basis eines Abos zugänglich machen. RTL NOW und die anderen Video-on-Demand-Dienste der RTL-Gruppe setzen auf Einzelabruf (T-VoD), wobei in der Regel nach der Erstausstrahlung im Fernsehen die Inhalte eine Woche lang kostenlos (aber mit Werbung) abrufbar sind. iTunes von Apple hingegen bietet ein sehr umfangreiches Angebot an digitalen Kaufvideos (DtO).
Für den durchschnittlichen Verbraucher ist es nicht leicht, herauszufinden, wo er jeweils die ihn interessierenden Inhalte bekommen kann. Eine einzige Plattform, mit der so gut wie alle Wünsche abgedeckt werden, gibt es in Deutschland nicht. Möglicherweise ändert sich das aber bald, denn in einem der Prognose-Szenarien unterstellt Goldmedia, dass es einem Anbieter gelingt, sich mit einer breiten Palette attraktiver Abo-Inhalte als Marktführer zu etablieren.
„Dadurch käme es zum Siegeszug der Abonnement-Modelle (S-VoD) und zu einer Marktkonsolidierung“, wird im Pressetext erklärt. „Zugleich stiege die Verfügbarkeit der Angebote über viele neue Plattformen und Spielekonsolen.“ Das würde den deutschen Markt erheblich verändern. S-VOD käme bis 2018 mit einem geschätzten Umsatzvolumen von 300 Millionen Euro auf zwei Drittel der Umsätze im gesamten Video-on-Demarkt-Markt. Nicht nur T-VoD, DtO, sondern außerdem das Pay-TV-Segment würden schrumpfen. Das Volumen des Gesamtmarkts schätzen die Analysten in diesem Fall für 2018 auf 449 Millionen Euro.
Der deutsche Markt entwickelt sich
Goldmedia-Geschäftsführer Klaus Goldhammer: „Der VoD-Markt wird 2014 auch in Deutschland in Gang kommen, weil die grundlegenden Voraussetzungen für das Massengeschäft stehen: Die Endgeräte sind im Markt, die Bandbreiten vorhanden, die Nutzer geübter und die VoD-Anbieterzahl wächst kontinuierlich. Trotzdem hat es VoD schwerer als anderswo. Die Fernsehlandschaft bietet mit vergleichsweise wenigen Werbepausen und einer geringen Affinität zum sogenannten ‚Binge Viewing‘ (extensiver Konsum ganzer Serienstaffeln) weniger Argumente für die All-you-can-watch-Angebote à la Hulu oder Netflix aus den USA. Langsam aber kommen die Angebote der Industrie in Fahrt. Watchever investiert bereits Millionen in die Werbung, um VoD-Abos im Massenmarkt zu etablieren. Der Kampf um die Augäpfel ist damit eröffnet.“
Ich bin skeptisch, dass sich in absehbarer Zeit ein Video-on-Demand-Anbieter zum klaren Marktführer entwickeln kann. Schon gar nicht einer, das bisher noch nicht in den deutschen Markt eingetreten ist. Es gibt ja immer wieder Gerüchte, dass ein Deutschland-Start von Netflix bevorstehe.
Kein leichtes Spiel für Netflix
Netflix würde sicher einigen Schwung in den deutschen Video-on-Demand-Markt bringen, was allen Anbietern zugute käme. Um den Markt zu dominieren, müsste sich ein Anbieter deutlich mehr attraktive Streaming-Rechte als seine Konkurrenten sichern. Die zu Recht immer wieder gelobte Netflix-Serie „House of Cards“ zeigt in Deutschland allerdings Sky (nicht nur im Fernsehen bei Sky Atlantic HD, sondern auch auf Abruf bei Sky Go). „Hemlock Groove“, eine weitere aufwendige Netflix-Serie, ist schon bei LOVEFiLM zu sehen.
Nicht einmal die Eigenproduktionen eignen sich derzeit also als Trumpf im Kampf um Marktanteile. Falls Netflix kommt, müsste der Anbieter also erst einmal kleinere Brötchen backen, zumal die etablierten Wettbewerber alle einen langen Atem haben: Amazon (LOVEFiLM), Sky (Snap), Vivendi (Watchever) und ProSiebenSat.1 (maxdome).
Ich habe diese vier übrigens alle abonniert, weil jeder dieser Dienste Inhalte hat, die es bei den anderen nicht gibt. Wie schätzt Ihr die weitere Marktentwicklung ein? Und wie sehr habt Ihr Euch bereits auf kostenpflichtiges Video-on-Demand eingelassen?