Die Aktivitäten der Geheimdienste im Internet sind seit Monaten ein großes Themen in den Massenmedien und natürlich im Netz. Eine aktuelle Untersuchung deutet darauf hin, dass sich die große Mehrheit von den Enthüllungen rund um NSA, GCHQ etc. nicht beeindrucken lässt und ihr Verhalten im Umgang mit E-Mail, Social Media und der Cloud nicht angepasst hat.
Ungeachtet dessen, ob man Edward Snowden für einen Helden oder einen Verräter hält, kann einen die Frage, wer alles Zugriff auf die eigenen Daten hat und Informationen sammelt, nicht kalt lassen. Oder vielleicht doch?
Eine Umfrage, die das Forschungsinstitut ibi research an der Universität Regensburg im Auftrag der Internet World Messe unter deutschen Internetnutzern durchgeführt hat, vermittelt zumindest den Eindruck, dass die Mehrheit beim Thema Datenspionage ganz gelassen bleibt. In der Untersuchung wurde nach Verhaltensänderungen bei der Verwendung von E-Mail-Diensten, Chats, Foren, Sozialen Netzwerken sowie Cloud-Speicherdiensten im Zusammenhang mit der „NSA-Affaire“ gefragt.
Wie stark sind die Auswirkungen?
Demnach haben 83 Prozent der Teilnehmer ihren Umgang mit E-Mail-Diensten nicht verändert und gehen 16 Prozent nun sensibler damit um. 1 Prozent verzichtet inzwischen lieber ganz. Etwas kleiner ist mit 73 Prozent die Gruppe derjenigen, die Chats in gewohnter Weise nutzen, 18 Prozent gehen sensibler damit um und 9 Prozent nutzen sie nun gar nicht mehr. Ebenfalls 73 Prozent haben ihren Umgang mit Foren nicht geändert, 21 Prozent sind dabei nun vorsichtiger und 6 Prozent üben Verzicht.
Soziale Netzwerke werden von 64 Prozent der Befragten unverändert genutzt, aber mit 32 Prozent ist nun nahezu jeder dritte vorsichtiger als früher und verzichten 4 Prozent jetzt ganz. Bei Online-Speicherdiensten ist die Mehrheit derjenigen, die nach den Datenspionage-Enthüllungen ihr Verhalten nicht angepasst hat, mit 61 Prozent gar nicht so groß. 31 Prozent sind seitdem vorsichtiger und 8 Prozent speichern lieber nichts mehr in der Cloud.
Stärkere Wirkung auf unerfahrene User
Die Enthüllungen bzw. die intensive Berichterstattung wirken sich nicht auf alle Altersgruppen gleich stark aus. „Die 36- bis 55-jährigen Internetnutzer zeigen ein stärkeres Bewusstsein im Umgang mit Internet-Datendiensten. Insbesondere bei Cloud bzw. Online-Speicher sowie sozialen Netzwerken ist in dieser Gruppe eine deutliche Veränderung feststellbar: Etwas mehr als ein Drittel geht mit diesen Internetdiensten seit der NSA-Affäre sensibler um“, heißt es in der Pressemitteilung zu dieser Altersgruppe.
Auffällig ist, dass Internetuser mit weniger Erfahrung zu größerer Vorsicht neigen. Unter ihnen ist der Anteil derjenigen, die auf bestimmte Dienste komplett verzichten, besonders hoch.
Das wirft neue Fragen auf
Bei mir werfen diese Informationen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Ich wundere mich generell, wie auskunftsfreudig die Menschen in Umfragen sind. Bei diesem speziellen Thema drängt sich allerdings umso mehr die Frage auf, warum man Fremden etwas über sich bzw. sein Verhalten offenbaren sollte. Das wirft stets die nächste Frage auf: Was für Menschen sind das, die bei solchen Umfragen auskunftsfreudig sind – besonders sorglose oder solche, die ganz entspannt falsche Angaben machen? So weit zum Grundsätzlichen.
Oft hat man in den letzten Monaten die Aussage gehört, dass das alles nicht wirklich neu und allenfalls das Ausmaß der Datenspionage überraschend sei. Man darf einige Zweifel an solchen Aussagen haben, doch dass sich Dritte für die eigenen Daten interessieren und dass einem das schaden kann, dürfte tatsächlich Allgemeinwissen sein. Möglicherweise sind die deutschen Onliner schon seit langer Zeit misstrauisch und sehen deshalb mehrheitlich keinen Anlass, als Folge aus den Enthüllungen aus diesem Jahr ihre Nutzung bestimmter Dienste einzuschränken. Nutzt Ihr Internetdienste inzwischen anders als im vorigen Jahr?
Da es so gut passt zum Schluss noch eine Leseempfehlung für einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung: „Spione, die wir lieben“ ist ein Beitrag zu einer Untersuchung überschrieben, die der es unter anderem darum geht, ob TV-Serien wie „Homeland“, „24“ und „The Blacklist“ (die neue US-Serie läuft übrigens heute Abend bei RTL Crime das erste Mal im deutschen Fernsehen) die Einstellung der Zuschauer zu umstrittenen Geheimdienstmethoden verändern.
Dezember 2nd, 2013 at 19:32
Hallo Oliver,
ich teile Deine Ansicht zu den Statistiken.
Ich frage mich, warum augenscheinlich immer noch so viele Menschen sorglos im Internet alle Buttons anklicken, die nicht bei 3 auf dem Baum sind. Und sich dann am Ende noch drüber beschweren, dass ihre Daten ausgewertet und gespeichert werden.
Diese Diskussion wird sich wohl erst erübrigen, wenn das allgemeine Verständnis zum Umgang mit dem Internet sich dem aktuellen Stand der Technik anpasst.
Es gibt noch zu viele Menschen, die das Internet nur peripher nutzen und den Umfang nicht ansatzweise verstehen. Und das wird sich meiner Meinung auch erst ändern, wenn offline noch mehr darüber gesprochen wird. Aber nicht in diesen ausgelutschten TV Formaten, sondern auf eine Weise die die Menschen wirklich anspricht. Vielleicht sollte man eine Scripted Reality Show zum Thema starten 😉
Gruß,
Jan
Dezember 2nd, 2013 at 21:45
Hallo Jan, danke für Deinen Kommentar! Da sich die Technik sehr viel schneller als das Verständnis des Durchschnittsnutzers vom Internet entwickelt, habe ich da nicht viel Hoffnung.
Scripted Reality: Na, das wird dem Thema kaum besser gerecht als die angesprochenen TV-Formate.
Besser: Gut gemacht TV-Serien wie „Person of Interest“ zeigen, um Interesse zu wecken. Und im Anschluss kann es ja noch eine Doku und eine Expertenrunde geben, so etwas lässt sich an sich gut kombinieren.
Dezember 2nd, 2013 at 23:43
Die Gefahr bei Dokumentationen und Expertenrunden ist, dass sie nicht diejenigen ansprechen, die so sorglos mit ihren Daten im Netz umgehen (ohne jemanden diskrimieren zu wollen).
Die Kombination aus TV Serie und anschließender Diskussion auf Übertragbarkeit in die Realität klingt interessant. Hauptsache das wird nicht bei Cobra 11 versucht 🙂
Ich war schon positiv überrascht, dass in Matrix tatsächlich existierende Programme genutzt werden (nmap Portscanner). Sowas sollte sich doch mit ein bisschen Bildungsniveau in unseren TV Alltag integrieren lassen.