Das Internet ist dabei, den Bankensektor zu verändern. Die Banken nehmen branchenfremde Unternehmen wie Online-Bezahlsysteme inzwischen als Wettbewerber ernst.
57 Prozent der Entscheider in deutschen und österreichischen Kreditinstituten sehen ihr Geschäft durch Internet-Bezahlsysteme bedroht, berichtet Steria Mummert Consulting. Ein Jahr zuvor lag dieser Wert erst bei 51 Prozent. Das Management- und IT-Beratungsunternehmen hat zusammen mit dem F.A.Z.-Institut die Studie „Branchenkompass 2012 Kreditinstitute“ erstellt.
M-Payment entwickelt sich
Harten Wettbewerb ist man innerhalb der Branche gewohnt, aber nun bekommt man zunehmend den Druck durch branchenfremde Unternehmen zu spüren. Die bieten typische Bankleistungen wie Kreditvergaben und Finanzdienstleistungen wie Zahlungsabwicklung an, haben allerdings (meistens) keine Banklizenz. Als Bedrohung für die eigenen Geschäfte sehen die Entscheider in Banken nicht allein etablierte Anbieter wie PayPal und ClickandBuy, sondern außerdem „externe mobilfunkbasierte Bezahlsysteme“, wie es in der Pressemitteilung formuliert ist. 48 Prozent der Befragten sehen solche M-Payment-Anbieter als Bedrohung. Gegenüber der ein Jahr zuvor durchgeführten Befragung bedeutet dies einen Anstieg um 13 Prozentpunkte.
„In letzter Zeit haben branchenfremde Firmen technologische Innovationen erfolgreich mit kundenfreundlichen Finanzdienstleistungen verbunden“, konstatiert André Schmidt, Experte für Bezahlsysteme bei Steria Mummert Consulting. „Beispiele hierfür sind Apps mit integrierter Bezahlfunktion wie myTaxi oder Anbieter wie iZettle, Square oder SumUp, die durch Kombination von Smartphone und Kredit- oder Bankkarten insbesondere kleinen Händlern eine unkomplizierte Kartenakzeptanz ermöglichen.“ Daher bezweifle ich auch, dass EC-Karten bald durch Smartphones verdrängt werden.
Kooperation über Branchengrenzen hinweg empfohlen
Ein Ausweg für die Banken könnte die Zusammenarbeit mit solchen branchenfremden Unternehmen darstellen. „Die Kreditinstitute sollten sich beeilen, eigene Partnermodelle für leistungs- und durchsetzungsfähige M-Payment-Systeme aufzustellen – dabei sollte auch eine mögliche Zusammenarbeit mit Telekommunikationsunternehmen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Wichtig ist dabei aus Bankensicht allerdings, nie die unmittelbare und vertrauensvolle Kundenbeziehung aus der Hand zu geben: Wenn auch die Geräte oder Kanäle durch ergänzende Anbieter bereitgestellt oder veredelt werden – die Abwicklung von Zahlungen muss immer als Kernkompetenz der Banken wahrnehmbar sein, so André Schmidt.
„Es sind nicht nur die Bezahlsysteme, die den Entscheidern bei Banken Sorgen bereiten. Peer-to-Peer-Systeme, bei denen auf virtuellen Plattformen zwischen den Usern Finanzgeschäfte vermittelt werden, könnten ebenfalls Marktanteile kosten. Neben der Kreditvergabe von Nutzer zu Nutzer ist hier auch an Crowdfunding zwecks Finanzierung von Projekten zu denken. Als erfolgreiche Beispiele nennt die Studie die Spielfilme „Iron Sky“ und „Stromberg“, bei denen auf diese Weise erhebliche Teile des Budgets zusammenkamen.
Konkurrenz nimmt zu
Noch sind das zwar Nischenangebote, doch in Zukunft – und die kommt manchmal schneller als gedacht – könnten die Banken hier den Anschluss verlieren. Immerhin schon 36 Prozent der beftragten Entscheider in deutschen österreichischen Banken sehen Social Media und die oben beschriebenen Peer-to-Peer-Plattformen als Wettbewerbsrisiko – bei den Sparkassen sind sogar 51 Prozent. „Nicht nur die Konkurrenz durch die Non- und Nearbanks nimmt zu – die Grenzen werden auch immer mehr verwischen“, prognostiziert Steria-Mummert-Consulting-Experte André Schmidt, „PayPal zum Beispiel wird als branchenfremder Wettbewerber angesehen, verfügt in Europa aber längst über eine Banklizenz.“
Welche Erfahrungen habt Ihr mit solchen „branchenfremden“ Unternehmen? Seid Ihr bereit, deren Dienste künftig stärker in Anspruch zu nehmen?