Bezahlen für Online-Inhalte von Zeitungen, das kann sich laut einer aktuellen Umfrage schon jeder dritte Bundesbürger vorstellen. Das gilt für die meisten Zahlungswilligen indes nur unter der Bedingung, erkennbaren Mehrwert zu erhalten.
Lischke Consulting hat kürzlich eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage zur Zahlungsbereitwschaft für Zeitungsinhalte im Netz mit 1.000 Personen durchgeführt. Zumindest einer von drei Befragten zeigte sich zahlungsbereit. 57 Prozent der Zahlungsbefürworter machen ihre Zahlungsbereitschaft indes von erkennbarem Mehrwert zu anderen journalistischen Publikationen abhängig.
Einzelkauf vor Abo
Das klassische Abonnementmodell ist unter den Befragten nicht die beliebteste Zahlungsweise. 48 Prozent möchten online einzelne Ausgaben kaufen können – so wie offline an einem Kiosk der Kauf einer Einzelausgabe möglich ist. Rund jeder zweite interessiert sich für den Kauf nur einzelner Artikel bzw. sonstiger redaktioneller Inhalte. Warum die ganze Zeitung kaufen, wenn man nur einen bestimmten Artikel lesen will? So könnte hier das Motto lauten.
Das Modell des Monatsabos, wie man es von gedruckten Tageszeitungen kennt, möchten nur 28 Prozent der Umfrageteilnehmer auf digitale Zeitungsinhalte übertragen. Aber immerhin! Zu bedenken ist hier zudem, dass vor dem Aufkommen von Zeitungsinhalten im Internet auch nicht jeder Haushalt eine Tageszeitung abonniert hatte. Das sollte man in diesem Kontext nie vergessen.
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen überraschend deutlich, dass viele Leser in Deutschland bereits heute für neue Bezahl-Modelle im Online-Journalismus zugänglich sind“, sagt Christoph Hüning, Medienexperte bei Lischke Consulting. „Dreh- und Angelpunkt in diesem Strukturwandel ist allerdings ein Geschäftsmodell, das mit überzeugenden Argumenten an die Stelle der von den Lesern gewohnten ‚Kostenlos-Kultur‘ von Online-Angeboten tritt. Die Redaktionen sollten sich mit dieser Zielrichtung darauf konzentrieren, unverwechselbare Inhalte zu schaffen, die sich auch bei Auswahl und Aufbereitung der Themen eng an den neuen Lesegewohnheiten der Zielgruppen orientieren. Nur so ist es möglich, dass Medienhäuser online neue Umsatzpotenziale heben können.“, so Hüning.
Werbespots vor Zeitungstexten?
Neuen Vergütungsmodellen, die erst durch das Internet möglich geworden sind, stehen viele Befragte aufgeschlossen gegenüber: Satte 69 Prozent sind grundsätzlich bereit, für journalistische Inhalte zu spenden bzw. gute Inhalte zu belohnen. 60 Prozent sind offen für die Vorschaltung von Werbespots, also Pre-Roll Spots, wie sie im Netz schon vor Videos eingesetzt werden.
Solche besonders aufmerkamkeitsstarken Werbeformate kann ich mir vor besonders interessanten Inhalten zwar vorstellen, doch zur Finanzierung einer Tageszeitung dürften sie nicht viel beitragen können. Zu vielen unerfreulichen Themen möchten Werbetreibende vermutlich keine besondere Nähe. Bei Ratgeber- und Unterhaltungsthemen sieht das natürlich anders aus.
Warum Leser bezahlen wollen sollten
Ich hoffe darauf, dass sich folgende Erkenntnis durchsetzt: Die Loyalität eines Medium gilt denen, die es finanzieren. Sollten die Leser nicht ein großes Interesse daran haben, dass sie das sind? Welche Zukunft hätte unsere Gesellschaft, hätte unsere Demokratie, wenn die Mehrheit der Bürger für journalistische Inhalte pro Woche nicht einmal so viel auszugeben bereit ist, wie eine Schachtel Zigaretten kostet?
Meiner Überzeugung nach ist das größere Problem inzwischen überhaupt nicht mehr die Zahlungsbereitschaft, sondern das Angebot. Neben dem in der Studie angesprochenen Mehrwert kommt es jetzt darauf an, die Inhalte für zahlungswillige Leser auf attraktive Weise zugänglich zu machen. Hier ist die Branche inzwischen dabei, das umzusetzen, was ich mir seit Jahren wünsche: Bundles aus Zeitungsabo und passender Hardware in Form von E-Book-Readern und Tablets.
Was sich dringend ändern muss
Das Problem ist allerdings, dass man als Leser nicht davon ausgehen kann, die Inhalte in der Wunschform zu erhalten. Manche Verlage setzen allein auf iPad-Apps bzw. Bundles mit iPads. Andere haben Apps allein für Smartphones im Angebot. Wieder andere Verlage bieten ihre Inhalte für die E-Book-Reader von Amazon an, nicht aber im vergleichsweise offenen EPUB-Format. Und so weiter. Kurz gesagt: Möchte man eine bestimmte Zeitung auf einem mobilen Endgerät lesen, muss man sich das Gerät besorgen, welches der jeweilige Verlag unterstützt. Inakzeptabel!
Ich bin allerdings optimistisch, dass es bei Zeitungsverlagen bald Standard sein wird, alle weit verbreiteten Betriebssysteme zu unterstützen. Ob es für die Verlage sinnvoll wäre, für Bundles eine große Auswahl verschiedener Tablets oder E-Book-Reader anzubieten, ist diskussionswürdig – aber ja, ich denke schon, derzeit könnte die Aussicht auf ein günstiges Tablet (E-Book-Reader sind ja eh billig) den aussichtsreichsten Anreiz für den Abschluss eines digitalen Zeitungsabos darstellen.
Wie steht es um Eure Zahlungsbereitschaft?