Im Vergleich mit der Bevölkerung in den anderen EU-Ländern haben sich die Deutschen im Bereich Computerkenntnisse verschlechtert, zeigen Daten von Eurostat. Mittlere bis gute gute Kenntnisse haben hierzulande nur noch 58 Prozent der Bevölkerung. Ich glaube, dass das überhaupt nicht schlimm ist und Computerkenntnisse für den normalen Anwender künftig kaum noch eine Rolle spielen werden.
Doch zuerst zu den Zahlen! Der BITKOM berichtet diese Woche von einem im EU-Vergleich schlechteren Abschneiden der Deutschen bei PC-Kenntnissen und bezieht sich dabei auf Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat. Im Jahr 2008 kamen die Deutschen noch auf Platz 4, dieses Mal reicht es nur noch für Platz 10 von 27. Im Ranking abgerutscht sind die Deutschen nicht nur, weil sich andere verbessert haben. Leicht rückläufig ist auch der Anteil der deutschen Bevölkerung mit mittleren bis guten Computerkenntnissen, der von 60 auf 58 Prozent sank.
Bessere PC-Kenntnisse in der EU
Immerhin liegt Deutschland noch über dem EU-Durchschnitt von 52 Prozent, wobei der Durchschnittswert seit 2008 um 5 Prozentpunkte gestiegen ist, sich die PC-Kenntnisse in der EU also insgesamt verbessert haben. An der Spitze des Rankings liegen Island (77 Prozent), Luxemburg (75 Prozent) und Dänemark (73 Prozent).
Der BITKOM nimmt die neuen Zahlen zum Anlass, wieder einmal den Fachkräftemangel zu beklagen und bezeichnet ihn als größtes Wachstumshemmnis der Branche: „Zwei Drittel der Unternehmen (63 Prozent) leiden nach eigenen Angaben aber darunter, für offene Stellen nicht das geeignete Personal zu finden“, heißt es seitens des Verbands, der sich dabei auf eine aktuelle eigene Umfrage unter seinen Mitgliedsunternehmen beruft.
Nach BITKOM-Angaben sind 38.000 Stellen für IT-Spezialisten unbesetzt. Mehr junge Menschen sollten für technische Themen, Ausbildungen und Studiengänge begeistert werden, fordert der BITKOM und nennt als konkreten Vorschlag die Einführung von Informatik als Pflichtfach in der Sekundarstufe II, um so für mehr Studienabgänger und Auszubildende im Technologiesektor zu sorgen. Außerdem möchte der BITKOM mehr Frauen für die Hightech-Branche interessieren.
Fachkräftemangel ist ein echtes Problem – aber da geht es um Experten
Ohne Frage, für den BITKOM sind die Eurostat-Zahlen ein willkommener Anlass, auf Probleme hinzuweisen. Und das muss ein solcher Verband ja auch machen. Die fehlenden PC-Kenntnisse in der Bevölkerung insgesamt sind hier aber kaum das Problem, die IT-Branche sucht ja nicht „Spezialisten“, die Ordner löschen, Dateien kopieren oder eine gepackte Datei erstellen können, sondern echte Experten. Neben anspruchsvollen PC-Fertigkeiten wie dem Erstellen eines Programms mittels einer speziellen Programmiersprache ging es – Golem.de hatte diesbezüglich nachgefragt – nämlich auch um solche ganz simplen Computerkenntnisse.
Problematisch beim Vergleichen der Computerkenntnisse ist zudem, dass die Studienteilnehmer nicht „getestet“, sondern befragt wurden und ihre PC-Kenntnisse selbst einschätzen mussten. Ich kann mir gut vorstellen, dass es allein schon aufgrund von Mentalitätsunterschieden zu einer unterschiedlichen Selbsteinschätung kommt. Möglicherweise sind die Deutschen ja kritischer in ihrer Selbstbeurteilung – oder neigen zur Selbstüberschätzung. So oder so, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dadurch keine Verzerrung ergibt.
Sind PC-Kenntnisse bald eine Kulturtechnik von gestern?
Aber seis drum! Mangelhafte PC-Kenntnisse in der Gesamtbevölkerung halte ich nicht für wichtig, schon gar mit Blick auf die Zukunft. Mein erster PC lief unter MS-DOS (mein erster Computer war ein C64), was die Bedienung im Vergleich zu einem heutigen Windows-PC deutlich erschwerte. Inzwischen sind Smartphones und Tablet-Computer dabei, die herkömmlichen Computer zu verdrängen, was gleichzeitig dazu führt, dass so gut wie jeder Funktionen wie E-Mail, einfache Bildbearbeitung, Videochatten oder Spiele-Apps nutzen kann. Es ist so einfach, dass sogar Babys und Katzen (und Katzenbabys) es können – naja, fast, Ihr wisst, was ich meine!
Ich glaube zwar, dass PCs für Arbeiten ganz verschiedener Art noch lange eine wichtige Rolle spielen werden, doch die Zahl der Haushalte mit PC (oder meinetwegen Mac) wird in den kommenden Jahren deutlich abnehmen.
Das wird nicht ohne Folgen für die Computerkenntnisse der Durchschnittsbevölkerung bleiben. Klar, Ordner löschen, Dateien kopieren oder eine gepackte Datei erstellen – das alles kann man mit einem Tablet ebenfalls tun. Zudem verschwimmen die Grenzen zwischen Smartphones, Tablets und Notebooks durch ansteckbare oder via Funk verbundene Tastaturen und sonstige Eingabegeräte und Peripheriegeräte, die sich anschließen oder (Stichworte: Heimvernetzung und Cloud) sonstwie anbinden lassen. Bestes Beispiel ist derzeit das ab August bei BASE erhältliche ASUS Padfone.
Der technische Fortschritt macht PC-Kenntnisse weitgehend überflüssig
Wenn die Bedienung von Computern leichter wird, muss der Durchschnittsanwender weniger über Computer wissen, um zurechtzukommen. Touchscreens, Spracheingabe und Gestensteuerung sowie intelligente Assistenten, die mehr über einen wissen als ein Stalker, werden ihr Übriges tun, um Computerkenntnisse im heutigen Sinne weitgehend obsolet werden zu lassen. Computerkenntnisse, die heute in großen Teilen der Bevölkerung als Standard vorausgesetzt werden können, werden künftig (dauert schon noch ein paar Jahre) kaum noch relevant sein.
Eine solche Entwicklung ist für den weiteren Fortschritt geradezu unerlässlich, denn sie ist die Voraussetzung dafür, sich mit anderen, wichtigeren Dingen beschäftigen zu können. Seht Ihr das auch so entspannt?