Online oder offline? Diese Frage sollten Bewerber wohl im Einzelfall klären, denn es gibt keine klare Mehrheit unter den Unternehmen, ob sie digitale oder analoge Bewerbungen bevorzugen. Allerdings geht der Trend zu einer Bewerbung via Internet.
Zum ersten Mal gibt es eine knappe Mehrheit an Unternehmen, die per Internet übermittelten Bewerbungen herkömmlichen Bewerbungen in Papierform den Vorzug gibt. Das ergab eine repräsentative Umfrage durch das Marktforschungsinstitut Aris im Auftrag des BITKOM bei Personalverantwortlichen und Geschäftsführern von 1.500 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Bei 41 zu 40 Prozent ist zwar keine eindeutige Bevorzugung digitaler Bewerbungen zu erkennen.
Nur 17 Prozent haben keine Präferenz
Doch ein Jahr zuvor wünschten sich noch 43 Prozent der Unternehmen eine schriftliche Bewerbungsmappe mit Papieren, nur 39 Prozent wollten lieber Online-Bewerbungen erhalten. Der Trend geht klar zur digitalen Form, aber dem einzelnen Bewerber hilft diese Erkenntnis heute kaum. Er sieht sich mit dem Problem konfrontiert, dass nur 17 Prozent der Unternehmen keine Präferenz haben, die große Mehrheit dagegen zu fast gleichen Teilen die eine oder andere Form bevorzugt.
„In der Wirtschaft hat das Internet die schriftliche Bewerbungsmappe überholt“, stellte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf dennoch fest. „Da aber immer noch viele Unternehmen traditionelle Bewerbungen wünschen, sollten Bewerber zweigleisig fahren und flexibel auf die Wünsche der Personalabteilung reagieren.“ Man kann darin immerhin eine gute Gelegenheit sehen, schon vor der eigentlichen Bewerbung mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten, um diese und möglichst noch weitere hilfreiche Informationen zu erhalten. Ein kleiner Informationsvorsprung kann den entscheidenden Unterschied ausmachen.
In der ITK-Branche ist der Wunsch, Online-Bewerbungen zu erhalten, mit 51 Prozent besonders stark verbreitet. Das verarbeitende Gewerbe liegt mit 48 Prozent dicht dahinter. In der Bauwirtschaft sind es nur 35 Prozent, bei Dienstleistern sogar nur 31 Prozent.
Die Bewerbungen via Internet lassen sich ebenfalls in zwei Arten unterteilen, bei denen eine sehr viel beliebter ist als die andere: Nur 13 Prozent der Unternehmen haben auf ihren Websites spezielle Online-Formulare für Bewerber, 28 Prozent lassen sich die Bewerbungsunterlagen als E-Mail senden. Letzteres lässt Bewerbern mehr Freiheiten.
Nicht auf einen Bewerbungsweg festlegen
„Persönliche Unterlagen wie Zeugnisse, Arbeitsproben oder Fotos sollten sowohl auf Papier als auch in elektronischer Form vorliegen“, rät der BITKOM in seiner Pressemitteilung zur Umfrage. „Gerade bei größeren Unternehmen laufen die Bewerbungsprozesse inzwischen in der Regel digital. Unter den befragten Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro verlangen 65 Prozent eine elektronische Bewerbung, im Vorjahr waren es 61 Prozent. Bei mittelständischen und kleinen Unternehmen bis 1 Millionen Euro Umsatz, die den Großteil der Firmen ausmachen, sind es dagegen erst 36 Prozent (Vorjahr: 37 Prozent).“
Was ist eigentlich mit dem AGG?
Zeugnisse, Arbeitsproben, Fotos? Dieser Rat ist problematisch, denn vieles von dem, was zu den üblichen Bewerbungsunterlagen gehört, dürfen Arbeitgeber laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schließlich gar nicht mehr von Bewerbern verlangen. Selbst wenn man seinen Vor- und Zunamen, das Geburtsdatum und den Ausstellungstag eines Zeugnisses schwärzt, kann es noch eine Reihe von Informationen beinhalten, aus denen sich Rückschlüsse auf Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit etc. ergeben können.
Geschlechtsspezifische Berufsbezeichnungen kann man noch recht einfach verschwinden lassen, aber: Lässt sich wirklich verschleiern, ob der Bundesadler oder der Ährenkranz mit Hammer und Zirkel das Dokument ziert? Ist nicht schon aus Typografie und Layout ein Rückschluss auf den ungefähren Ausstellungszeitraum möglich? Was ist mit veralteten Formulierungen oder Begriffen, die es früher noch gar nicht gab sowie mit neuer und alter Rechtschreibung? Selbst ohne Beifügung von Zeugnissen können aus Berufsbezeichnungen Rückschlüsse auf das Alter eines Bewerbers gezogen werden. Verrät bei Bewerbungen auf dem Postweg nicht schon der Poststempel mehr als eigentlich erlaubt?
Menschen verraten so vieles über sich im Internet
Wenn man bedenkt, wie viel Privates viele Menschen heute ins Internet stellen, mögen diese Gedanken abwegig erscheinen, aber ich denke, das kann gerade ein Grund dafür sein, das AGG positiver zu sehen und anonyme Bewerbungen als Ausweg. Personalverantwortliche suchen im Netz nach Informationen über Bewerber, doch wenn Namen, Geschlecht, Herkunft und andere Informationen gar nicht bekannt sind, können diese auch keine Basis für Suchen im Internet darstellen. Die Vorteile einer guten Selbstdarstellung im Netz gehen so allerdings weitgehend verloren.
Aber was meint Ihr, wie die Chancen eines Bewerbers in der Praxis aussehen, wenn er sich etwa auf eine Stelle als Social Media Manager vollkommen AGG-konform bewirbt?
November 20th, 2012 at 15:11
Nachdem ich schon einige Bewerbung per Mail verschickt habe, vermute ich, dass die traditionelle Bewerbung in Zukunft ganz wegfallen wird. Die Online-Bewerbung bietet schließlich für beide Seiten größere Vorteile. Auf den Inhalt sollte dennoch großen Wert gelegt werden.