Internet auf dem Mobiltelefon erreicht einen neuen Level. Die mobile Netznutzung war bloß der Anfang, jetzt findet eine Evolution zu Mobile Computing statt, deren Auswirkungen weit über die TK-Branche hinaus zu spüren sein werden, sagen die Experten von Accenture.
Der Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister Accenture hat 3.000 Internetnutzer ab 14 Jahren in Deutschland befragt und jeweils 500 Internetnutzer in Österreich und der Schweiz vom Marktforschungsinstitut Forsa befragen lassen. Die Ergebnisse kann man in der Untersuchung „Mobile Web Watch 2011. Die Chancen der mobilen Evolution“ nachlesen, die seit Anfang der Woche als kostenloser Download erhältlich ist.
Starke mobile Nutzung von Social Networks
Es ist erstaunlich, wie schnell mobiles Surfen für eine große Zahl an Menschen alltäglich geworden ist. Wenn jetzt bereits 14 Millionen Internetnutzer (28 Prozent) in Deutschland mit ihrem mobilen Telefon online gehen, sind das fast fünfmal so viele 2008 (3 Millionen bzw. 12 Prozent). Internetnutzer im Alter von 14 bis 19 sind zu 35 Prozent mit ihrem Mobiltelefon online aktiv, letztes Jahr waren es in dieser Altersgruppe gerade mal 10 Prozent. Besonders viele User halten sich dabei in Sozialen Netzwerken auf (50 Prozent), aber Online-Shopping ist ebenfalls schon etabliert (31 Prozent).
„Was mit Internetnutzung per Handy angefangen hat, ist zum umfassenden Mobile Computing geworden“, sagt Prof. Dr. Nikolaus Mohr, Geschäftsführer im Bereich Communications & High Tech bei Accenture und Leiter der Studie. „Das ist eine der wichtigsten industriellen Entwicklungen dieses und des nächsten Jahrzehnts.“ Mobile Computing wird hier verstanden als Möglichkeit der User, von jedem Ort aus in Echtzeit mit verschiedenen mobilen Endgeräten auf Daten und daran gekoppelte Anwendungen zugreifen, sie verändern und tauschen zu können.
Von mobilem Internetzugang zu Mobile Computing
Bei Accenture beobachtet man durch die Weiterentwicklung von mobilem Internet zu mobilem Computing Veränderungen und Anpassungen auf drei Ebenen:
1. Ebene: Geräte und Technologie
Neben breitbandigen mobilen Internetverbindungen treibt „der Übergang von der Click- zur Touch-Technik“ die Entwicklung voran. Mehr als jedem zweiten mobilen Internetnutzer steht eine Breitbandverbindung zur Verfügung. 60 Prozent der Smartphone-User haben „ein Modell der jüngsten Generation“ im Einsatz. Interessant: Media-Tablets werden noch stärker für den mobilen Internetzugriff verwendet als Smartphones: 58 Prozent der Smartphone-Besitzer sind mit ihrem Gerät täglich online, bei den Besitzern von Tablet-Computern sind es 84 Prozent. (Allerdings besaßen erst 3 Prozent der befragten ein Media-Tablet.)
2. Ebene: Dienste und Anwendungen
Social Media und Location Based Sevices spielen bei der Nutzung eine Hauptrolle: „Der Anteil der Nutzer, die mobil in sozialen Netzwerken surfen, hat sich seit 2010 von 23 Prozent auf 50 Prozent mehr als verdoppelt. 45 Prozent verwenden ortsbezogene Dienste“, schreibt Accenture im Pressetext.
3. Eben: User und Nutzungsverhalten
Keine Überraschung, aber ein Umstand, auf den sich nicht nur Unternehmen einstellen müssen: Jugendliche prägen die Evolution des Mobile Computings besonders stark, für sie ist es selbstverständlich, jederzeit das Netz nutzen zu können. Mehr als jeder dritte 14- bis 19-Jährige, der ortsbezogene Dienste einsetzt, hält diese für unverzichtbar.
Chancen für Telekommunikationsanbieter
Mit ihren Netzdaten, Kundendienst-Informationen und Abrechnungsdaten können sich TK-Anbieter ein gutes Bild von ihren Kunden machen und darauf aufbauend „marktfähige, kundenspezifische Angebote“ entwickeln. „Die Telekommunikationsunternehmen haben die Netzkompetenz und besitzen eine unvorstellbare Menge an Daten über ihre Kunden“, sagt Ann-Kathrin Sauthoff-Bloch, Partnerin bei Accenture und Co-Autorin der Studie. „Das sind beste Voraussetzungen, um neue Services zu entwickeln, die von Kunden genutzt werden. Doch der Prozess, diese Daten sinnvoller zu analysieren, läuft noch schleppend.“
Ich weiß noch, wie ich Mitte der 90er von den großen Chancen im Bereich Location Based Services in Zeitschriften wie „connect“ gelesen habe. Mag sein, dass die Zeit (bzw. Menschen und Technik) damals noch nicht reif dafür war, aber die Telekommunikationsunternehmen haben das Thema wirklich schon sehr lange auf dem Schirm. Damals gab es Google noch nicht, erst recht nicht Facebook oder foursquare. Da müssten sie doch besser aufgestellt sein!
Auswirkungen über die TK-Branche hinaus
Mobile Computing wird aber nicht nur Auswirkungen auf die Telekommunikationsindustrie haben, gibt sich Nikolaus Mohr von Accenture überzeugt: „Was wir in den nächsten Jahren sehen werden, ist vergleichbar mit der Einführung des Computers oder dem Siegeszug des Internets. Mobile Computing verändert die Art des Arbeitens und des Konsumierens. Damit bietet es Unternehmen eine Menge Chancen, effizienter zu arbeiten und sich neue Umsatzfelder zu erschließen, mit Produkten und Dienstleistungen, die auf mobile Online-Nutzung zugeschnitten sind. Es setzt ihnen aber gleichzeitig die Pistole auf die Brust, sich intensiv mit den Entwicklungen im Mobile Computing auseinanderzusetzen.“
Ich glaube nicht, dass das übertrieben ist, obwohl die mobilen Endgeräte ja nicht so viel anders sind als „große“ Computer. Das Internet und Anwendungen aller Art sind damit aber jederzeit greifbar, es gibt im Alltag keine Lücke mehr. Gäbe es keine Smartphones, würden Geräte wie Fernseher mit Anschlussmöglichkeit ans Internet und WLAN-Radios vermutlich schon einen höheren Stellenwert haben. Und jeder Vierte oder Fünfte hätte unterwegs ein Netbook dabei. Was ich sagen will, ist: Die Menschen wollen die Möglichkeiten des Internets überall nutzen, Smartphones sind dafür einfach sehr gut geeignet, nicht zuletzt in Verbindung mit Cloud Computing.
Welchen Stellenwert als die mobile Netznutzung bzw. Mobile Computing für Euch?