Lehrer beurteilen die Chancen durch den Einsatz von Computern und digitalen Medien positiv, aber technische Ausstattung der Schulen und Know-how der Lehrer sind unzureichend. Zudem fehlt es Konzepten.
Eine aktuelle vom BITKOM beauftragte repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts ARIS unter Lehrern bescheinigt diesen eine überraschend große Technikfreundlichkeit. Der gute Wille ist da, aber die Rahmenbedingungen sind schlecht, könnte man die Ergebnisse zuspitzen.
Aufgeschlossenheit für moderne Technik
Danach kann von Technikfeindlichkeit keine Rede sein. Elektronischen Medien im Unterricht stehen 77 Prozent der Lehrer positiv gegenüber. Es zeigen sich zwar Altersunterschiede, doch bei den älteren Lehrern stellen die Technik-Befürworter ebenfalls die klare Mehrheit; ein paar mehr Skeptiker gibt es allerdings schon. Ausgesprochene Technikfans sind bloß 10 Prozent.
49 Prozent setzen täglich oder zumindest mehrmals pro Woche einen Computer für ihre Unterrichtsvorbereitung ein, 29 Prozent immerhin gelegentlich. Die älteren setzen Computer nur unwesentlich seltener als ihre jüngeren Kollegen zu Vorbereitungszwecken ein. Dazu passt die im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich bessere private Ausstattung mit Breitbandinternet (90 zu 67 Prozent), Notebook oder Netbook (86 zu 47 Prozent), stationärem PC (74 zu 55 Prozent) und Tablet-Computer (6 zu 2 Prozent). Nur im Mobilfunkbereich zeigt sich auf den ersten Blick ein anderes Bild: Während 85 Prozent der Gesamtbevölkerung über ein normales Handy verfügen, sind es innerhalb der Lehrerschaft nur 74 Prozent. Dafür liegt der Anteil der Smartphone-User mit 42 Prozent über dem Durchschnitt von 35 Prozent.
Positive Auswirkungen im Unterricht
Für den Einsatz von PC und Internet sprechen viele Argumente. 79 Prozent der Befragten glauben, dass Schüler damit schneller lernen. 77 Prozent sind überzeugt, dass Schüler individueller gefördert werden können. 76 Prozent glauben an eine höhere Motivation ihrer Schüler. 73 Prozent sind der Auffassung, dass PC und Internet sich positiv auf die Konzentration der Schüler auswirken. „Die große Mehrheit der Lehrer will mit digitalen Medien arbeiten, weil sie davon überzeugt sind, dass sie den Unterricht besser machen“, lobte Scheer.
„Die Lehrer sind keine Technikverweigerer, aber veraltete oder schlecht gepflegte Geräte und fehlende didaktische Konzepte machen ihnen das Leben schwer“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Es fehle jedoch an Know-how: 88 Prozent der Lehrer fordern, dass sie selbst besser für den Medieneinsatz geschult werden.
Computer kommen im Unterricht viel zu selten zum Einsatz
Im Schulalltag kommen Computer immer noch ziemlich selten zum Einsatz. Gerade einmal 23 Prozent der Befragten setzen häufig (täglich oder mehrmals wöchentlich) Computer im Unterricht ein, 40 Prozent selten und 37 Prozent sehr selten oder überhaupt nicht. „Digitale Medien kommen in den Schulen noch zu selten zum Einsatz, um den Schülern ausreichend Medienkompetenz zu vermitteln und auf Studium und Beruf vorzubereiten“, beklagte Scheer. Das liegt nicht zuletzt an der unzureichenden technischen Schulausstattung. Fast jeder Zweite hält die Ausstattung mit Computern und Internet an seiner Schule für mittelmäßig, jeder Vierte hält sie für schlecht. Erstaunlicherweise zeigen sich die älteren Lehrer in diesem Punkt deutlich unzufriedener als ihre jüngeren Kollegen.
Bei den Fragen zur Art des Technikeinsatzes zeigt sich, dass Internetrecherche durch Schüler dabei am häufigsten vorkommt (88 Prozent). Es folgen Präsentation von Lernergebnissen durch Schüler (83 Prozent), Präsentation von Inhalten durch Lehrer (68 Prozent), Einsatz spezieller Lernprogramme (45 Prozent), Videos und Podcasts (25 Prozent), Gestalten einer Website (21 Prozent), Nutzung von Sozialen Netzwerken (8 Prozent) sowie andere Zwecke (27 Prozent).
Was soll getan werden?
Der BITKOM hält es für „erforderlich, dass die Bundesländer Strategien für den Einsatz digitaler Medien in der Schule entwickeln oder bestehende Insellösungen in ein Gesamtkonzept zusammenführen“. Solche „E-School-Masterpläne“ müssten „neben der technischen Ausstattung auch die didaktische Einbindung der digitalen Medien umfassen und kontinuierlich aktualisiert werden“, schreibt der Verband.
Alle Klassenzimmer sollten binnen drei Jahren mit Breitbandinternet, am besten mit WLAN ausgestattet werden. In diesem Zeitraum sollte außerdem eine flächendeckende Ausrüstung mit elektronischen Whiteboards vorgenommen werden. „Diese berührungsempfindlichen Bildschirme mit Internetzugang ersetzen Schritt für Schritt die Kreidetafeln“, sagte Scheer. Gebraucht würden zudem genügend Lizenzen für Lernsoftware. „Die beste Technik nützt aber nichts ohne einen Support-Service, der bei technischen Problemen schnell helfen kann“, sagte Scheer. In der Umfrage bemängelten 86 Prozent der Lehrer, dass an ihrer Schule jemand fehle, der bei technischen Problemen schnell weiterhelfen kann.
Alle Bundesländer sollen Fortbildungsmodule anbieten, um Lehrer technisch und mediendidaktisch auf den aktuellen Stand zu bringen, fordert der BITKOM. „Die Qualifizierung sollte verpflichtend sein und mit einer selbst konzipierten Unterrichtsreihe abgeschlossen werden, um die praktische Umsetzung zu erleichtern“, meinte Scheer.
Chancen durch Web 2.0
„Eine zentrale Rolle beim Einsatz digitaler Medien sollten künftig Web-2.0-Anwendungen spielen“, heißt es in der Presseinfo. „Das Web 2.0 ermöglicht es, kollaboratives Lernen auch außerhalb der Klassenräume technisch einfach zu organisieren, Wissen und Informationen schnell auszutauschen sowie eigene Inhalte wie Websites, Videos oder Podcasts kostengünstig selbst zu produzieren.“ Scheer: „Wir erleben gerade, wie das Web 2.0 die gesamte Arbeitswelt verändert. Darauf sollten die Schulen reagieren.“
Das klingt insgesamt sehr vernünftig. Angesichts der insgesamt guten privaten Ausstattung von Schülern in puncto Computertechnik gilt es allerdings zu hinterfragen, inwieweit Schulen selbst Computer anschaffen sollten. Für sinnvoller halte ich eine umfassende finanzielle Förderung, die gewährleistet, dass jeder Schüler seinen eigenen tragbaren Computer besitzt. Für Hausaufgaben und Lernen wird er ja ebenfalls gebraucht! Außerdem sollte von gedruckten Büchern auf E-Books umgestellt werden.
Hinsichtlich des fehlenden Know-hows der Lehrer könnten Schulen systematisch das bei ihren Schülern vorhandene Computerwissen anzapfen. Die Kompetenz, entsprechende Projekte zu organisieren, ist bei den Schulen vorhanden. Ebenso erscheint es vielversprechend, gemeinsam Konzepte für den Einsatz von Computern und digitalen Medien im Unterricht zu entwickeln.
Welche Ideen habt Ihr, um Computer und Internet verstärkt in den Schulunterricht zu bringen?