Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Social Media muss sich der Kundenservice verändern. Die Kunden erwarten von Unternehmen, über mehr Kommunikationskanäle als bisher ansprechbar zu sein. Außerdem haben die Kunden weniger Geduld, was das Warten auf Antworten vom Kundenservice angeht.
Social Media erzwingt in den Contact Centern einen Wandel, schreibt die novomind AG in Bezug auf eine aktuelle Marktbeobachtung. Eine große Mehrheit von 90 Prozent der Contact Center ermöglicht bereits die Kontaktaufnahme über mindestens drei verschiedene Kommunikationskanäle, mit Diensten wie Facebook und Twitter kommen weitere hinzu.
Die bisher übliche Trennung zwischen dem Team für den Telefonservice und dem Team für andere Kommunikationswege wird als Auslaufmodell angesehen. Der Trend geht laut novomind zum „Blended-Agent-Verfahren“. Dabei kümmert sich derselbe Mitarbeiter sowohl um synchrone Kommunikationskanäle wie Telefon und Chat als auch um asynchrone Kommunikationswege wie Telefax und E-Mail.
Der Telefonkontakt verliert für die vom Internet geprägte Generation an Relevanz. „Durch den zunehmenden Austausch über Social-Media-Kanäle wie Twitter und Facebook steigt dagegen die Erwartung der Kunden, rund um die Uhr beraten zu werden – und zwar auf allen Kanälen“, schreibt novomind. „Durch diese Spreizung der Servicezeiten in Richtung einer 24/7-Beratung gerät das Thema Personaleinsatzplanung in den Fokus der Manager.“ Vor diesem Hintergrund gewinnt das Blended-Agent-Verfahren nicht nur zwecks Vermeidung von Leerlaufzeiten an Bedeutung. Es kommt auch darauf an, den Service über alle Kanäle zu sichern.
Das führt allerdings zu einer erhöhten Komplexität am Arbeitsplatz. „Das Umstellen auf das Blended-Agent-Verfahren stellt neue Anforderungen an die Abläufe und die eingesetzte Informationstechnologie“, sagt Peter Samuelsen, Vorstandsvorsitzender von novomind. „Um schneller zwischen E-Mail, Fax, Brief und SMS sowie Live-Chat und Telefon zu wechseln, brauchen Mitarbeiter eine Oberfläche, über die sie sämtliche IT-Anwendungen für das Kundenmanagement schnell und einfach ansteuern können“, so Samuelsen.
Verständlicherweise betont das Softwarehaus als Anbieter entsprechender IT-Lösungen wie elektronischer Kundenkommunikation und Mail-Management die technische Seite dieser Veränderungen im Kundenservice. Aber ich habe so meine Zweifel, dass die Unternehmen zusätzliche Kommunikationskanäle handhaben können. Wenn ich an meine Erfahrungen als Kunde denke, setzt bei mir unwillkürlich Kopfschütteln über Unfähigkeit und Unwillen ein. Ein Kundenservice, der dem Kunden tatsächlich hilft oder ihn wenigstens versteht und ernst nimmt, würde in vielen Fällen sogar den Personalaufwand reduzieren.
Wird ein Kunde bei einem Anruf von einem Mitarbeiter zum nächsten weitergereicht, bis er das Gefühl hat, ein ganzer Konzern beschäftigt sich nur mit seinem Problem, verursacht das nicht unerhebliche Kosten im Service. Die Kundenzufriedenheit steigert das aber ganz und gar nicht. Viele Anrufe beim Kundenservice könnten vermieden werden, würden die Unternehmen auf ihrer Unternehmenswebsite die gesuchten Informationen bereitstellen. Das ist Web 1.0, da benötigt man keine Social Media-Strategie für, sondern nur gesunden Menschenverstand.
Dennoch rufe ich im Zweifel lieber die Hotline an, denn sofern E-Mails überhaupt beantwortet werden, bekommt man zu oft nur unpassende Textbausteine zurück. Mal ehrlich, glaubt Ihr, dass die Unternehmen in Deutschland bereit für den Kundenservice im Social Web sind? Schon mit Telefon und E-Mail scheinen sie überfordert zu sein.