Interview mit Jürgen Vielmeier

Geschrieben von am 25. November 2009 in Kategorie Interviews

Einige unserer Leser kennen das Blog von Jürgen Vielmeier vermutlich, denn YuccaTree Post (http://yuccatree.de/) behandelt ebenfalls Internetthemen und ganz besonders das Web 2.0. Aber dazu hat uns Jürgen ja selbst einiges zu sagen.

1. Bitte stell Dich unseren Lesern kurz vor! Wer bist Du, was machst Du?
Ich bin 31, Berufsjournalist, und blogge mit kleinen und größeren Pausen zwischendurch seit 2001.

2. Wie bist Du zum Bloggen gekommen? Und wie kam Dein Blog zu seinem Namen?
Das war 2001, eine ziemlich spannende Zeit. Ich hatte in den Wochen zuvor zum ersten Mal ein Blog gesehen und mochte die Idee des öffentlichen Tagebuchs. An einem gewissen 11. September 2001 lag ich morgens krank im Bett, als die Zusage zum Journalistikstudium kam. Ich musste mich Hals über Kopf nach Bonn schleppen und dort eine Wohnung suchen. In der ersten WG, in der ich mich vorstellte, erfuhr ich dann, dass das World Trade Center nicht mehr stand. Meine ersten Eindrücke aus Bonn, vom Studium, meiner Wohngemeinschaft und den Tagen nach dem 11. September fand ich einfach zu interessant, um nichts darüber zu schreiben. Freunde sagten mir damals, sie hätten das sehr gerne gelesen, also habe ich weiter gemacht. Die meiste Zeit habe ich für mein Privatblog Leidartikel.de geschrieben, das leider in den letzten Monaten aufgrund anderer Projekte ein bisschen eingeschlafen ist.

3. Schreibst Du alle Artikel selbst oder hast Du Mitstreiter?
Derzeit wieder größtenteils das meiste selbst. In den letzten Wochen, als ich eine Pause brauchte, hatte ich eine sehr reizende Urlaubsvertretung, die unter Synonym schreibt. Vor kurzem hatte ich einen sehr talentierten Praktikanten. Derzeit habe ich noch zwei Kolumnisten, die hin und wieder etwas schreiben. In der ersten Jahreshälfte, als wir noch freshzweinull hießen, waren wir ein größeres Team.

4. Blogs, die sich im weitesten Sinne mit Internet-Themen beschäftigen, gibt es ja einige. Wo liegen die Schwerpunkte und Stärken beim YuccaTree Post?
Wir haben unseren Fokus ein wenig geändert: Weg vom schnellen Nachrichtendienst, hin zu Hintergrundgeschichten. Ich will wieder mehr in Richtung Blog gehen, nicht mehr über jede neue Funktion schreiben, die Facebook einführt, sondern mehr, wie der Mensch in der digitalen Gesellschaft lebt. Was ihn bewegt, was ihm durch den Kopf geht, wo die Reise hingeht. Ich bin natürlich gespannt, wie unsere Leser das aufnehmen.

5. Der YuccaTree Post vermittelt den Eindruck, dass da sehr viel Arbeit drin steckt. Steckt dahinter neben der Begeisterung für das Internet auch der Wunsch, mit dem Blog Geld zu verdienen? Und darf ein Blogger das inzwischen offen zugeben, ohne seinen Ruf zu riskieren oder wenigstens ausgelacht zu werden?
Ich habe nie ganz verstanden, warum man mit einem Blog kein Geld verdienen dürfen soll. Wer sich als Journalist sieht, viel Energie da hinein steckt, vielleicht sogar Vollzeit dafür arbeitet, der soll auch damit Geld verdienen dürfen, ganz klar! Es sollte aber maßvoll bleiben: Wer nur zweimal die Woche etwas schreibt und trotzdem vor, hinter, neben und im Text nervend blinkende Werbung platziert, der macht deutlich, dass es ihm nur ums schnelle Geld geht. Der verschreckt seine Leser – und wird damit kaum jemals auf einen grünen Zweig kommen.

6. Paid Content ist ein Thema, dass wir hier im Blog auch immer wieder behandeln. Du hattest im Sommer einen umfangreichen Artikel unter der Überschrift „Die 10 besten und schlechtesten Bezahlmodelle: So kann Paid Content funktionieren“ geschrieben. Wie würdest Du Deine Erkenntnisse daraus mit Blick auf das Betreiben von Blogs zusammenfassen?
Wer mit dem Bloggen Geld verdienen will, der muss auch Geschäftsmann sein. Er muss sich überlegen, welche Unternehmen von einer Werbemaßnahme im Blog profitieren würden und diese dann ganz offensiv kontaktieren. Wer sich nur auf Google Adsense und Affiliate verlässt, der wird niemals das an Ertrag wieder rein holen, was er hineingesteckt hat. Trotz der schlechten Ertragsseite sollte man journalistischen Grundsätzen treu bleiben und niemals Werbung als redaktionelle Links oder gar Beiträge tarnen. Sobald das auffällt, ist der Ruf für immer ruiniert. Etwas schade finde ich, dass der deutsche Online-Werbemarkt derartig zersplittert ist. In den USA gibt es zum Beispiel einen Dienst, bei dem Anzeigenverkäufer direkt Werbeplätze in Blogs buchen und ihre Werbemittel gleich online stellen können. Abgerechnet wird über den Dienst. So etwas habe ich in Deutschland noch nicht gesehen. Die Vermarkter kümmern sich einzig und allein um klickstarke Seiten, die es schon geschafft haben. Für aufstrebende Dienste oder gar Blogs interessieren sie sich frühestens ab 100.000 Besuchern im Monat. Das muss sich ändern!

7. Kürzlich gab es eine Gastblogger-Woche auf Deinem Blog. Wie kam es dazu und was sind Deine Erfahrungen mit Gastbeiträgen?
Das kam krankheitsbedingt. Ich hatte es wohl ein wenig übertrieben und musste auf Anraten meines Arztes der Tastatur für ein paar Tage fernbleiben. Die Idee mit den Gastbeiträgen stammte von meiner Urlaubsvertretung. Die Erfahrung damit war sehr gut. Auch wenn wir leider nur wenige Gastautoren dafür begeistern konnten, kamen einige Artikel sehr gut an, allen voran der Beitrag von xtown.net über die Web-2.0-Einsamkeit. Ich fände es schön, die Aktion in absehbarer Zeit mit mehr Teilnehmern zu wiederholen.

8. Gibt es Pläne für YuccaTree Post, über die Du uns schon etwas verraten möchtest?
Dass wir unsere inhaltliche Ausrichtung verändert haben, habe ich ja schon verraten. In Bälde soll ein sehr interessantes Gewinnspiel starten, auf dessen Ausgang ich sehr gespannt bin. Pläne fürs nächste Jahr gibt es auch, aber die muss ich leider doch noch geheim halten. 😉

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