Microsoft zeigt sich 2009 so innovativ wie schon lange nicht mehr. Mit einer revolutionären Steuerung könnte die Spielekonsole des Konzerns nicht nur der Wii von Nintendo das Wasser abgraben, sondern im Wohnzimmer Boden gutmachen, der im Web und im mobilen Internet an Google verloren geht.
Es ist schwer zusagen, was derzeit das spannendste Projekt aus dem Hause Microsoft ist, denn neben dem Start der neuen Suchmaschine bing, die für viele eine positive Überraschung darstellt, dem neuen Betriebssystem Windows 7 mit Multitouch-Steuerung, dem Ausbau von Windows Live Services und ein paar anderen Themen engagiert sich der Konzern gerade mächtig für seine Spielkonsole.
Microsoft selbst sprach auf der Messe Electronic Entertainment Expo (E3) laut Pressemitteilung von nichts Geringerem als der „Zukunft des Home-Entertainments“. Dabei kommen verschiedene Neuerungen und Verbesserungen auf der Xbox 360 zusammen: „Mit dem Zune Videomarktplatz auf Xbox LIVE auch in Österreich, neuen Angeboten auf Xbox LIVE, wie sofort abrufbereitem 1080p-HD-Videostreaming und auf den Fernseher zugeschnittenen Versionen von Facebook und Last.fm, sowie einem Spiele-Line-up, das mit Forza Motorsport 3, Alan Wake und Halo 3: ODST für jeden Geschmack ein Game bereithält, setzt Microsoft mit Xbox 360 auch weiterhin Maßstäbe in der Videospielindustrie.“
Die neue Steuerung über eine 3D-Kamera und Sprache stellt das Steuerungskonzept der Wii, das dem japanischen Hersteller Nintendo einen weltweiten Überraschungserfolg brachte, in den Schatten, sofern es in der Realität so funktionieren wird, wie Microsoft es auf der E3 in Los Angeles präsentierte und inszenierte. Nicht nur Gesten, sondern umfangreichere Bewegungen sollen via Kamera erkannt werden. Über Raumklangmikrofone soll die Stimmlage analysiert werden können. Sollte es eine entsprechende Erweiterung für die Xbox 360 nächstes Jahr tatsächlich geben, wäre das mit Blick auf die Spielsteuerung ohne Controller schon Revolution genug.
Weit weniger Beachtung fand in den meisten Berichten von der E3 die Integration von Social Media, konkret wurde die Nutzung des Mikroblogging-Dienstes Twitter, des Social Networks Facebook sowie des personalisierten Musikstreamingdienstes last.fm angekündigt. (Als Vertriebskanal für Musikdownloads war die Xbox 360 bei uns schon vor einem Jahr ein Thema.) So wichtig die Videospielebranche ist, das Internet mehr und mehr vom PC zu lösen, ist eindeutig von größerer Tragweite.
Dank der zunehmenden Verbreitung von Netbooks, Smartphones sowie weiterer mobiler Endgeräte wie UMPCs, die alle die mobile Nutzung des Internets ermöglichen, ist das Internet für mehr als nur eine kleine Gruppe von Freaks nicht mehr an den stationären PC mit seinem DSL-Anschluss gekettet. Die kleinen Geräte ermuntern auch zuhause zur Nutzung des Internets abseits vom heimischen PC. Notebooks können in der eigenen Wohnung dank WLAN schon etwas länger auf der Wohnzimmercouch für alle möglichen Internetdienste genutzt werden.
Doch der große Durchbruch wird sein, wenn das Internet auf dem großen Bildschirm im Wohnzimmer ankommt. Hersteller von TV-Geräten wie beispielsweise Samsung bereiten Fernsehgeräte entsprechend vor. Das ist jedoch zunächst etwas für die teureren Modelle der verschiedenen Hersteller. Was Mediacenter-PCs bislang nicht vermochten, könnte die Xbox 360 nun jedoch ermöglichen: Internet und Home-Entertainment für alle zum erschwinglichen Preis.
Dabei zählt nicht bloß, dass viele Menschen noch davor zurückschrecken, sich einen PC ins Wohnzimmer zu stellen und dass eine Spielkonsole zu einem vergleichbaren Preis nicht zuletzt Videospiele ermöglicht. Microsoft könnte die TV-Gerätehersteller sogar das Fürchten lehren, wenn die Xbox 360 demnächst neben Video on Demand auch TV-Programme live empfangen kann. In Großbritannien sowie Irland soll die Spielkonsole von Microsoft noch dieses Jahr Pay-TV ohne die sonst erforderliche Set-Top-Box möglich machen. Wozu man einen herkömmlichen Fernseher dann noch braucht, dürfte schwer zu vermitteln sein, an die XBox 360 oder eine andere Spielkonsole kann man schließlich statt eines Fernsehers einen Monitor anschließen.
Angesichts all der im Artikel genannten und nicht genannten Projekte bei Microsoft stellt sich die Frage: Wurde der Konzern allgemein unterschätzt, weil kleinere und jüngere Unternehmen cooler und attraktiver wirkten? Werden sich viele Leute demnächst die Augen reiben, wenn Microsoft plötzlich wieder ganz vorne dabei ist?
Juni 4th, 2009 at 10:56
Es scheint in der Tat nach einem guten Jahr für Microsoft auszusehen. Nach Jahren der Talfahrt wieder ein Lichtblick am Himmel.
P.S. Meine Wii finde ich jetzt langweilig. Wirklich beeindruckend, was da in Zukunft so kommen wird…