Der Mikro-Blogging-Dienst Twitter hat endlich ein Geschäftsmodell gefunden, vielleicht sogar „das Geschäftsmodell“, um auf für die Nutzer verträgliche Weise Geld zu verdienen: ExecTweets, gesponsert von Microsoft. Gesammelt werden Tweets von Executives, was sich hier mit Führungskräften oder leitenden Angestellten übersetzen lässt.
Unter dem Claim „Find and Follow Top Business Execs on Twitter“ möchte man „only the good stuff“, keine Belanglosigkeiten, für die Twitter oft kritisiert wird, präsentieren. ExecTweets ist ein schönes Beispiel für die Art von Filtern, von denen Chris Anderson in seinem Bestseller „The Long Tail“ spricht, die erforderlich sind, um in der unüberschaubaren Masse an Informationen das zu finden, was ihren speziellen Bedürfnissen und Interessen entspricht.
Die entscheidende Auswahl aus der Nachrichtenflut haben hier zwar die Menschen hinter dem Projekt getroffen, im Grunde wie Redakteure, doch die Nutzer können „Votes“ für einzelne Tweets abgeben und vorschlagen, welche wichtigen Leute außerdem noch mit ihren Tweets aufgenommen werden sollten. Präsentiert werden auf ExecTweets daher seperat die populärsten Tweets und die gerade erst empfohlenen Meldungen. Ein paar weitere Feautures dieser Art und Community Tweets sorgen dafür, dass der Bildschirm gut gefüllt ist.
Die ganz simple Möglichkeit zur Vorauswahl nach Geschäftsfeldern („Browse by Industry“) übersieht man auf den ersten Blick vermutlich, die Einteilung ist bislang auch noch sehr grob. Das sollte unbedingt verfeinert werden, um noch nützlicher zu werden.
Im Großen und Ganzen wirkt ExecTweets professionell und übersichtlich, der Softwareriese Microsoft als Sponsor wurde elegant eingebunden, alles andere als aufdringlich. Eigentlich könnte man Twitter gratulieren, doch wäre man damit zunächst an der falschen Adresse.
Hinter dem Aggregator ExecTweets steht der amerikanische Blog-Vermarkter Federated Media, also nicht Twitter selbst. Im offiziellen Blog heißt es seitens des Mikro-Blogging-Dienstes, um selbst solche Projekte auf die Beine zu stellen, habe man weder die Zeit noch die Ressourcen, obwohl immer wieder Ideen an das Unternehmen herangetragen würden. Die Leute bei Federated Media hätten offensichtlich sowohl die Fähigkeiten als auch die Zeit dafür, also möge man sich als Inhaber einer großen Marke direkt dorthin wenden, falls man Sponsor für ein ähnliches Projekt werden wolle.
Typisch Web 2.0. Man konzentriert sich ganz auf sein cooles Projekt, ohne zu wissen, wie man damit mal Geld verdienen könnte und eigentlich möchte man sich damit gar nicht beschäftigen. Es gibt ja so viel anderes zu tun. Aber warum nicht, wenn es funktioniert? Wenn sich viele andere kluge Menschen darum bemühen, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, passt das eben auch bestens zum Web 2.0.
Wie genau Twitter von ExecTweets finanziell profitiert, ist nicht bekannt. Doch egal, wie viel Microsoft sich sein Engagement kosten lässt, in diesem für das Unternehmen hochspannenden Umfeld positiv in Erscheinung zu treten, wichtiger dürfte die Außenwirkung des Ganzen sein.
Zunächst einmal hat man damit nicht nur ein Referenzprojekt, das andere potenzielle Sponsoren überzeugen könnte, es auch einmal als Sponsor zu versuchen, sondern viel wichtiger noch: Es ist bewiesen, dass sich mit Twitter jenseits der üblichen Werbeformen wie Textanzeigen Geld verdienen lässt. Nicht zuletzt eine gute Nachricht für die Investoren, die so eher bereit sein werden, weiter Geld in das Start-up zu pumpen.
ExecTweets wird zudem das Image von Twitter positiv beeinflussen. Massenmediale Aufmerksamkeit wurde dem Mikro-Blogging-Dienst bisher in Verbindung mit Terror, Unglücken und Ereignissen wie dem Amoklauf von Winnenden zuteil. Welches Unternehmen würde in diesem Umfeld werben wollen?
Titternde Führungskräfte setzen ein positives Signal, das nicht unterschätzt werden sollte. Zum einen kommt es zu einer Art Imagetransfer, zum anderen beeinflusst das Verhalten an der Führung die Menschen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, insofern sind sie wertvolle Multiplikatoren.
Zuletzt kann es für Twitter nur sehr gut sein kann, wenn in den Führungsetagen Twitter nicht nur genutzt wird – wurde es ja schon vorher, ExecTweets macht nur auf einen Schlag deutlich, wie sehr schon! – sondern das Feedback auf die Tweets zunimmt. Einen kleinen Teil des Marketingbudgets künftig auf Twitter einzusetzen, wird damit zu einem no-brainer.
Sehen wir das zu positiv und ist ExecTweets einfach nur eine weitere der unzähligen von Dritten realisierten Anwendungsmöglichkeiten? Oder ist ExecTweets aus den genannten Gründen ein Meilenstein für Twitter oder gar Mikro-Blogging an sich?