Das zu America Online (AOL) gehörende Social Network Bebo hat einen Relaunch vollzogen, bei dem die Website komplett umgekrempelt wurde. Das neue Bebo möchte für seine Nutzer der zentrale Anlaufpunkt für ihre Web 2.0-Aktivitäten und die Kommunikation mit anderen Usern sein.
In Deutschland ist das Soziale Netzwerk Bebo kaum bekannt, doch weltweit betrachtet gilt Bebo als die Nummer 3 hinter den beiden Riesen Facebook und MySpace, die um die Spitzenposition kämpfen. Wer vorher schon einmal auf Bebo war, wird die Website nach dem Relaunch kaum wiedererkennen, denn Konzept und Design wurden stark verändert.
Die 2005 in Großbritannien gegründete Website Bebo wurde dieses Jahr für 850 Millionen Dollar von der Time Warner Tochter AOL übernommen. AOL kaufte dieses Jahr den „digital life manager“ (so die Selbstbeschreibung) Socialthing, der als einer der wichtigsten Konkurrenten von FriendFeed angesehen wurde.
Mit Socialthing können die Aktivitäten in Sozialen Netzwerken übersichtlich zusammengeführt werden. Ein wesentlicher Aspekt ist also die Funktion eines Aggregators im Social Web.
Im neuen Bebo ist dies eine der Kernfunktionen, die jetzt unter dem Begriff „Social Inbox“ firmieren. In der Social Inbox erscheinen die Updates aus Web 2.0 Services wie Del.icio.us, YouTube, Twitter und Flickr. Allerdings ist die Social Inbox nicht auf Social Feeds beschränkt, sondern führt zusätzlich Empfehlungen (Fotos, Musik, Artikel, Videos…) sowie E-Mail und Instant Messaging in einem Interface zusammen.
Was in ihrer persönlichen Onlinewelt, also ihrem Kontaktnetzwerk vor sich geht, können die Bebo User mit einem Blick erfassen. In der komplexen Web 2.0-Welt wird es auch für die Digital Natives immer schwieriger, den Überblick zu behalten. Diesem Bedürfnis nach Vereinfachung kommen auch Dienste wie FriendFeed nach und Facebook entwickelt sich ebenfalls in diese Richtung. Die Social Feeds können sowohl chronologisch als auch nach Personen geordnet werden. Jeweils angepasste RSS-Feeds mit News von Nachrichtenquellen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Irland, Australien, Neuseeland, Italien, Polen, Spanien, Frankreich den Niederland sowie Deutschland sind hierbei eine kleine, aber sinnvolle Ergänzung.
Auf Basis seiner Web 2.0 Community, sozusagen des alten Bebos, möchte AOL Bebo zur „one-stop destination“ für die Online-Aktivitäten transformieren. Mit dem Schnellzugriff auf Web-basierte E-Mail-Konten bei AOL Mail, AIM Mail, Yahoo Mail sowie Google Mail baut AOL das Social Network in Richtung Kommunikationszentrale aus – eine Bündelung der Kommunikation strebt derzeit etwa auch Microsoft mit seinen Windows Live Services an.
Die schon angesprochenen Empfehlungen von Medieninhalten beschränken sich bei Bebo nicht auf das, was die eigenen Kontakte – also Menschen – gut finden, sondern eine neue „recommendations engine“, sozusagen eine Empfehlungsmaschine, soll die Bebo-Mitglieder bei Laune halten. Das ist nicht zuletzt deshalb ein sinnvoller Schachzug, als der Mutterkonzern Time Warner einen gewaltigen Schatz an Medien-Content besitzt.
Aus dem Web 2.0-Blickwinkel spannend ist, dass die Empfehlungen einerseits auf Basis von Einstellungen erfolgen sollen, welche die Nutzer selbst vornehmen, zum anderen jedoch auf Basis von durch Bebo gesammelten Daten: Was für Musik und Videos die Freunde des Nutzers konsumieren, sind mögliche Kriterien, auf denen die individuellen Empfehlungen basieren können.
Größe ist wegen Netzwerkeffekten entscheidend für den Erfolg von Online Communitys. Deshalb sind Zweifel angebracht, ob AOL – selbst ein Übernahmekandidat – durch die Neuerungen bei Bebo zu Facebook und der News Corp.-Tochter MySpace wird aufholen können.
Immerhin verzeichnete Bebo wie einige andere Social Networks starke Zuwächse bei der Nutzerzahlen, doch ist nicht garantiert, dass die Community der derzeit etwa 50 Millionen User den radikalen Schritt nach vorn goutiert. Für einen Erfolg spricht, dass ab sofort alle Accounts von AOL sowie AIM zum Login bei Bebo genutzt werden können, was laut AOL einer Zahl von mehr als 100 Millionen Menschen entspricht. Allen Inhabern eine neue Registrierung zu ersparen, dürfte ein wichtiger Erfolgsfaktor sein.