Onlinevideo wird zum Massenmedium. Das zeigt eine Erhebung des Marktforschers Comscore im Auftrag des BITKOM, wonach pro Monat bereits drei von vier Internetnutzern Videos online ansehen – am liebsten auf der Web 2.0 Videowebsite YouTube.
Durchschnittlich 25,6 Millionen Internetnutzer (Unique Viewers über 15 Jahre) im Monat sahen sich in den ersten drei Quartalen 2008 Onlinevideos an. Von Januar bis September konnten die Marktforscher von Comscore dabei einen Trend zu steigender Videonutzung im Internet feststellen: Im ersten Quartal waren es im Durchschnitt erst 25,1 Millionen Nutzer, die sich Videos online anschauten, im dritten Quartal bereits 26,1 Millionen.
Für das letzte Quartal wird eine Steigerung auf monatlich 26,8 Millionen Zuschauer prognostiziert. Die monatliche Wachstumsrate lag bei 4 %. Achim Berg, Vizepräsident des BITKOM, sieht einen Transformationsprozess: „Schon lange wird über das Internet kommuniziert und auf Nachrichtenseiten informiert. Dank immer zahlreicheren und immer schnelleren Breitbandanschlüssen steigt die Beliebtheit von Online-Videos. Das Internet entwickelt sich auch zum Unterhaltungsmedium.“
Die Comscore-Studie zeigt nicht nur eine steigende Zahl von Nutzern, sondern dazu eine stark steigende Menge an angeklickten Videos: Zwischen Januar und September stieg die Zahl der angeschauten Onlinevideos um 13,5 % auf die imposante Zahl von 3,11 Milliarden Anrufen. Auf das dritte Quartal umgerechnet lässt sich so sagen: Jeder User sah sich täglich ca. vier Filme an.
Bei den Videoabrufen führt YouTube zusammen mit anderen Sites des Google-Konzerns mit gewaltigem Abstand vor allen anderen Plattformen in Deutschland: Von den Google-Websites wurden mehr als 25 Mal so viele Videoclips abgerufen wie von denen der Nummer Zwei in Deutschland, den Websites der Mediengruppe ProSiebenSat.1. Auf den weiteren Plätzen folgen RTL Group, Universal Music Group, Megavideo.com, Viacom Digital, Yahoo-Websites, Dailymotion.com, Websites von Microsoft sowie die Axel Springer AG mit ihren Videoangeboten.
Noch dominieren kurze Clips, doch die Spieldauer steigt: Schauten die User im Januar 3:48 Minuten zu, lag die Betrachtungszeit im September im Schnitt bei 4:24 Minuten. Damit stellen Videowebsites derzeit noch keine Alternative zum Fernsehen als Verbreitungsweg für Bewegtbild dar. BITKOM-Vizepräsident Achim Berg: „Bereits in Kürze wird das Internet als Übertragungsweg für Fernsehangebote eine echte Alternative sein. In den USA gibt es bereits einige erfolgreiche werbefinanzierte Websites, die professionelle Shows und Serien ins Netz stellen. Und auch in Deutschland sind die ersten Internetangebote dieser Art an den Start gegangen.“
Diese Durchschnittswerte dürften jedoch wenig aussagekräftig sein, denn Betreiber bauen Bereiche mit kurzen Clips weiter aus. So ist Boulevardzeitung Bild gerade in die Offensive gegangen, um noch mehr „Leser-Reporter“ zu gewinnen und dürften von den Labels bereitgestellte Musikvideos wie bei MyVideo.de noch an Bedeutung gewinnen.
Noch ist offen, ob die Online-Töchter von TV-Konzernen hierbei zu den wichtigsten Playern gehören werden, oder Medienunternehmen aus anderen Branchen wie Print oder branchenfremde Firmen wie Google das Rennen machen können. Die gemeinsame Videoplattform der TV-Networks Fox und NBC, Hulu.com, hat derzeit einen guten Stand, doch Vereinbarungen wie der Deal des Hollywoodstudios MGM mit Google über die Verbreitung von Premiuminhalten auf YouTube zeigen, dass hier noch viel möglich ist.
Der Blick muss dabei nicht immer in die USA gerichtet sein, wie Microsoft in Deutschland mit dem Start seiner kostenlosen Onlinevideothek MSN Movies vor wenigen Wochen bewiesen hat.
Spannend dürfte sein, wie die Entwicklung der Internetnutzung mit mobilen Endgeräten z. B. Mobiltelefonen, den Bereich Onlinevideo beeinflussen wird. Eine Nielsen-Studie aus den USA ergab: Mehr als 100 Millionen Menschen besitzen dort bereits ein Handy, mit dem Videos angesehen werden können. Mehr als 10 Millionen sehen sich Videos bereits auf ihrem Handy an. Die meisten dieser User sind jünger als 35 Jahre. Video auf dem Handy schauen etwas mehr Männer als Frauen an, während ansonsten die Frauen leicht vorne liegen.